Der haut richtig rein, stelle ich fest und schaue bewundernd auf das Glas in meiner Hand, aus dem sich ein 18 Jahre alter schottischer Single Malt Whisky so langsam in meinem Körper verteilt. Bevor er noch mehr Besitz von mir ergreift und die Möglichkeit besteht, dass ich nicht mehr so leicht aus meinem Liegestuhl hier im Garten herauskomme, muss ich noch laut meiner To-do-Liste die Gartentreppe auf lockere Stufen überprüfen.
Na gut, ich prüfe. Ist doch alles in Ordnung. Bücke mich noch tiefer, wieder hoch, neu bücken, hoch, … oh, mir wird's schwindelig. Na, alter Mann, zu viel Whisky getrunken?!
Alles dreht sich, verschwimmt … dumpfer Schlag auf den Kopf … Dunkelheit.
Ich muss wohl kurz eingenickt sein. Es ist ziemlich heiß. Ich sitze auf einer mit Kamelfellen gepolsterten Liege und nehme einen großen Schluck Wasser aus meiner Ledertrinkflasche; gekonnt im hohen Bogen in den Mund gespritzt. Hoppla, etwas daneben. Ich wische es ab und schaue dabei an mir herunter. Es wundert mich schon, was ich heute anhabe. Aber dann bekomme ich fast einen Schock, als ich meine Hautfarbe sehe … ich bin pechschwarz. Das gibt es doch nicht. Wer bin ich? Ich habe eine schwarze Hautfarbe … ich bin ein, wie sagt man, Schwarzer Mensch …
Warum versetzt mich das derart in Panik? Was spielt mein Gehirn für Spielchen? Ganz klar, ich habe einen Sonnenstich!
Natürlich bin ich schwarz. Ich lebe schon immer in Afrika und eine ganze Weile in diesem Dorf. Ich bin Händler, kaufe und verkaufe Datteln. Einen Nebenverdienst bringen mir die Kamelrennen. Ich gewinne oft. Ich bin sehr stolz auf mein Kamel. Ich habe lange dafür gespart. Es ist nicht nur schnell, sondern sticht ins Auge mit seiner hellbraunen, fast gelben Farbe. Habe ich von einem Züchter gekauft. Ist ein reinrassiges Tier mit Brandzeichen: Ein springendes Pferd. Die Alten im Dorf bevorzugen die Mitbewerber Kamele mit dem Stern als Brandzeichen. Aber das sind Tiere für alte Säcke, für die Komfort wichtig ist. Ich liebe das Sportliche.
Plötzlich spüre ich furchtbare Kopfschmerzen, schließe kurz die Augen …
Als ich sie wieder öffne, sehe ich ein Ding, das ich in meinem Leben schon mal irgendwo gesehen habe: In einem Schlauch ein kleines Röhrchen, das etwa ein Drittel mit Flüssigkeit gefüllt ist und darin tropft es. Ich kann meiner Verwunderung nicht weiter Aufmerksamkeit schenken, als eine tiefe, ruhige Stimme zu mir spricht:
„Na Sportsfreund, wir waren aber eine ganze Weile weg.“
Was meint er ... eine ganze Weile weg. Wo soll ich denn gewesen sein?!
„Wie heißen Sie?“, fragt der Fremde, „woran können Sie sich erinnern?“
„Ich weiß im Augenblick nicht, wie ich heiße“, antworte ich, „aber ich habe starke Kopfschmerzen, muss wohl beim Rennen vom Kamel gestürzt sein.“
„Hahaha“, lacht der Unbekannte im weißen Kittel, „Humor haben Sie ja noch. Ihre Erinnerungen werden nach einiger Zeit wieder vollständig sein. Sie haben eine ernst zu nehmende Gehirnerschütterung. Ihr Kopf hat Bekanntschaft mit Ihrer Gartentreppe gemacht. Sie liegen im Krankenhaus und ich bin Ihr behandelnder Arzt.“
Oh, den Text muss ich erst einmal sacken lassen.
Nach einigen Wochen bin ich wieder der Alte. Was habe ich daraus gelernt? … Nichts.
Aber ich erinnere mich ehrfürchtig an die Parallelwelt, in der ich kurzzeitig zu Besuch sein durfte und frage mich:
Hätte ich die Wahl; für welches Leben würde ich mich entscheiden? ...
sehr gerne gelesen.
Fragt sich welches den nun die Parallelwelt ist?
Bist du Kamelhändler der im Koma liegt und von deutschen Ärzten fantasiert...oder bist du der mit dem Glas Whisky in der Hand...;-)
Grüße aus Nürtingen das leider noch keine Parallelwelt hat...oder doch?!
Kommentar:Vielen Dank liebe Steffi.
Es ist interessant; als diese Geschichte in meinem Hirn entstand (zum Glück nur dort und nicht in der Realität), hatte ich ähnliche Gedanken wie du. Animiert hat mich auch Star Trek mit diesen Paralleluniversen. Ich wollte die Story erst als Science Fiction schreiben, aber das hier ist realitätsnaher.
Liebe Grüße Wolfgang
habe früher mit meinem Sohn zusammen immer "Fringe "angeschaut ,da gab es auch eine Parallelwelt und daran hatte es mich erinnert.
Es ist ein interessanter Gedanke ,ob es so etwas wirklich gibt.
Manchmal hat man ja ein "DejaVu" vielleicht ist das ja eine Parallelwelt?
Kommentar:Liebe Angélique,
ich danke dir herzlich. Du kennst bestimmt dieses Gefühl: Man schreibt eine Geschichte, ist nicht zufrieden, und feilt, und feilt; und irgendwann hat man den Mut sie zu veröffentlichen. Aber gefällt sie auch den anderen? Dein Lob gibt mir dieses Gefühl etwas stolz auf meine Zeilen zu sein ... nochmal danke.
Liebe Grüße Wolfgang
Kommentar:Also mir gefällt deine Geschichte, lieber Wolfgang. Sie liest sich auch sehr gut, weil gut erzählt!
Ab und zu taucht man schon mal in so eine Parallelwelt, zumindest in den Träumen, meist ist man dann jedoch froh, wenn man wieder aufwacht und sich in seiner gewohnten Welt befindet.
Kommentar:Also Wolfgang, deine Geschichte gefällt mir sehr gut. Wie lebendig doch die Bilder in Träumen sind. Lt. DNA Forschung sind wir doch alle Afrikaner.
Kommentar:Hi Wolfgang, na, Glück gehabt! Schließlich warst Du in Deiner "Parallelwelt" ein Mensch und kein U-Boot, dass sich gerade in Not befindet oder eine verdammte Atomrakete die ihr einprogrammiertes Ziel anfliegt...ja, der Körper kann so vieles wenn man ihn nicht mehr in der Gewalt hat. Da zeigt er was er noch so drauf hat um einen mächtig zu ärgern! Nette Geschichte! ;-)
Kommentar:Vielen Dank meine Lieben!
@ Jürgen - Ja, so Träume sorgen ab und zu für das Salz in der Suppe des Lebens.
@ Michael - Als Atomrakete würde ich mich entschärfen und um den Absender kümmern.
Liebe Grüße Wolfgang
Kommentar:Liebe Varia,
herzlichen Dank. Ich bin glücklich, habe dich mal wieder zum Lachen gebracht.
Ja, so einige Gedichte und Geschichten gehen mir nach ein (oder zwei, oder drei) schottischen Whisky's oder irischen Whiskey's besser von der Hand. Aber du siehst ja was passiert, wenn's einer zuviel ist.
Liebe Grüße Wolfgang
Kommentar:Lieber Klaus,
vielen Dank. Ich habe über deinen Kommentar geschmunzelt. Du weißt doch auch, ohne Alkohol hat man mehr Probleme als mit :-)
Liebe Grüße Wolfgang
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Beschwingtheit überkommt mich
beim Blick in ferne Landschaften.
Ich wappne mich gegen böse Blicke
und verletzende Worte.
Ich versuche mich vor Verhöhnungen
und [ ... ]
Es war ein ganz bestimmter Ton:
Stimmt man uns da auf etwas ein …?!
Der VERTEIDIGUNGS-Minister sprach davon,
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Mich traf es wie ein harter Schlag:
Rhetorik [ ... ]
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weil der Virus ist ja nicht verreist!
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gerade vor dem Spiegel wirds mir heiß!
Ich weiß nicht, ob diese Worte irgendjemand liest,
Ob sie irgendjemand hört oder sieht.
Aber sie liegen mir auf dem Herzen
Und deswegen diese Nachricht an die Welt [ ... ]
Ich scheine mich verlaufen zu haben. Was ist das für eine Stadt, was ist das für ein Land? Was ist das für eine Welt?! Ich kenne mich nicht mehr aus – war ich hier schon mal? Was hängen [ ... ]