Eine Kurzgeschichte über eine geschlossene psychiatrische Station
Die Türen knallen. Sie krachen förmlich zu. Mehr oder weniger freiwillig räume ich meine Reisetasche aus und lege meine Kleidung sorgfältig in den Spind aus Holz.
„Ich möchte möglichst schnell wieder gesund werden, das Klinikum hat einen guten Ruf“, gab ich meiner Verlobten per Telefon durch. Zunächst aber, noch vor der ärztlichen Erstuntersuchung wollte ich rauchen. Genüsslich wie immer, am offenen Fenster mit Blick in die umliegenden Wälder.
Der Raum, in dem ich das durfte, diente früher wohl einmal als Duschraum. Es stinkt. Die Tür geht auf. Ein Mann mittleren Alters lächelt mich an. Seine Unterarme sind von oben mit Kugelschreiber beschriftet, sein Gesicht ist blass, die ergrauten Haare zerzaust:
„Jeder Akademiker tut das“, ruft er mit lauter Stimme. „Um sich jeden Geistesblitz zu merken“.
Ich hätte ihn nicht so mustern dürfen. Der völlig überdrehte Schwabe reicht mir eine selbst gedrehte Zigarette. Ich merke an seinem glasigen Blick, an der Aura seines Gesichts, welch gutherziger Mensch sich hinter seiner teuflischen Krankheit steckt. Ein Gestrandeter.
Als er von meinem Geburtstag in wenigen Tagen erfährt, packt er eine Bibel in alte Alufolie.
Für eine Schachtel Marlboro gibt er mir einen zerrissenen Dollarschein. Womöglich hatte diese Banknote mehr erlebt, als der „Architekt“ und ich zusammen.
Wieder öffnet sich die Türe. Nie hätte ich geglaubt, wie sich Drogensüchtige im Delirium kleiden und wie sie reden. Das junge Mädchen bettelt um Tabak. Sie durchwühlt die Aschenbecher nach Restchen in den Kippen. Wenig später spricht sie mich mit dem Namen „Marc“ an. So heiße ich nicht. Doch sie hält mich für einen alten Bekannten, übergibt mir eine Bäckereitüte als Geschenk und verlässt das Kämmerchen wieder. In dem Beutel befindet sich ein blutiger Tampon. Wütend werfe ich es in den Mülleimer.
Angst und Panik steigt in mir auf. Ich gehe zum Schwesternzimmer, völlig aufgelöst. Ich höre Schreie. Ein jugendlich wirkender Mann wird gewaltsam ans Bett fixiert.
Nach einem langen Kampf mit mir selber lege ich mich Schlafen. Ich verspüre keine Müdigkeit. Innere Unruhe vereint sich mit dem grellen Licht der Neonröhre an der Decke.
Sechs Stunden später wache ich auf. Ich habe Geburtstag. Noch vor der Arztvisite drückt mir eine tief depressive ältere Dame einen Schoko – Marienkäfer in die Hand.
Als das Team der Doktoren mein Krankenzimmer betritt, spricht mein Mitpatient auf der Toilette mit seinem Stuhlgang. Es wird beschlossen, dass ich vor dem Mittagessen auf die offene Station verlegt werde. Ich freu mich so sehr, dass ich zum ersten Mal beruhigt über den Gang schlendere. Dann sehe ich das „Drogenmädchen“, den „Architekten“ und einen ungewaschenen 2-Meter-Rastafari.
Meine Tür geht heute auf. Deren bleibt für längere Zeit verschlossen. Nur der Weg in den Raucherraum bleibt nach wie vor offen. Die Seelen dieser Menschen haben verloren in der Gesellschaft.
Ich hoffe, dass sie in „ihrer Welt“ ein klein wenig glücklich sein können. Denn man darf niemals das Herz versperren. Offen ist alles besser! Carpe diem!
Wer hat was jeder haben will noch braucht,
der ist in grelles Licht getaucht
und soll und außerdem, nein, and’rerseits,
schon obendrein, genau, bereits,
wie übers Ziel [ ... ]
Der Mond ist scharlachrot.
Er rockt sich durch die dunklen Wolken.
Er strahlt wie eine schöne Frau.
Sein Lächeln liegt noch auf dem Morgentau.
Die Sonne küsst ihn zart.
Der Smooth Jazz breitet sich aus
Schwingt sich den Wänden empor
Tanzt an der Decke leichtfüssig
Lacht übers ganze Gesicht
Und meint in unterkühltem Ton
Auch Wolken haben eine [ ... ]