Das Universum und seine Vasallen, die Sklaven des Lichts in der Umnachtung, hassen den echten Betrachter. Er funktioniert nicht – er ist dem Unheil auf der Spur! Das Universum aber möchte alle Spuren verwischen, damit die Sklaven des Lichts, in ihrer ewigen Umnachtung, an den Tagen der Fron nicht bemerken, wo sie sich wirklich befinden.

Ein Betrachter stört da nur. Zu viele davon kann sich ein Gott gar nicht leisten, sonst geht nichts mehr seinen Gang. Das Naturgesetz wird nicht mehr beachtet, sondern sublimiert, und durch das Umsichgreifen von ein bisschen Wohlstand verliert die Evolution jeglichen Druck. Aber ohne Betrachter kann auch wieder nichts stattfinden. Es ist ein Dilemma!

Der Fortschritt bestreitet sich überall dort selbst, wo das bewusste Denken beginnt, indem er die Forderung stellt, innovativ einerseits, aber sachlich, nahezu seelenlos andererseits zu bleiben. Was geschieht darf nur auf dem Rücken geplagter Individuen geschehen, sonst erscheint dem Pöbel das Leben zu leicht und er fängt zu spinnen an!

Auf einmal wollen alle am Fortschritt teilhaben, nicht nur die dummen Reichen und die klugen Schönen, nicht nur die maskierten Würdenträger (die Schmiede ihres Glücks) und die grausamen Diktatoren (die Betrüger der Menschheit), die Vollzugsbeamten des Teufels, sondern auch die harmlosen naiven Heileweltglauber (die Kinder der Wahrheit und Treue).

In solchen Fällen kann der aufmerksame Betrachter Mechanismen entdecken, die allen Gesetzen der Logik widersprechen, nur einem ihrer Gesetze nicht: dem Gesetz, daß, bei Stagnation und zunehmender Unzufriedenheit Zerstörung einsetzen muss, um etwas am Laufen zu halten das keiner zu brauchen wähnt – die zügellose Wildheit des…

Menschen?, des Hoffnungsträgers für die Zukunft?, des Ausbunds an idiotischer Verkommenheit, im Namen der Dekadenz, des Krieges, der Verblödung im Großen und Ganzen und sogar im Kleinen und Zierlichen. Dort, wo sich nichts mehr bewegen möchte, schlägt der Blitz des Schicksals ein – und keiner will wissen was er anrichten kann / wird.

Die falschen Propheten, die sich von Gott gesandt halten, erklären den Massen schon, warum dies oder jenes zu geschehen hat, und jeder hält sich für aufgefordert bei diesem Spiel mitzuwirken, das keines ist, sondern der blutige Ernst, über den nur noch die Götter zu lachen belieben, so sie einen Kopf nach dem anderen in den Abgrund kegeln.

Sollte es auch nur ein Betrachter wagen, vor dem Gekegeltwerden, warnend den Mund aufzumachen, dann wird er angeklagt! „Wir müssen jetzt alle zusammenhalten“, heißt es – und der Chor der Komparsen marschiert auf, in Treue fest. In dicht geschloss‘nen Reihen geht’s ab, mitten in die glutheiße Lava ausgebrochener Vulkane hinein. Hurraaa!!

Da werden keine Betrachter mehr gebraucht, nur noch Opfer für den Scheiterhaufen, denn zum Scheitern bietet das Leben generell mehr als nur eine Gelegenheit. Gerade deshalb wären echte Betrachter so wichtig auf Erden. Was sie nicht alles verhindern könnten?! Die leeren Hüllen irrer Verführer können ein Lied davon singen – das Lied der Ganoven!

Und warum? Nun, weil man „Betrachter“ (wie der Name schon sagt) nur abseits der Front, abseits der Ämter und abseits von Liebesbeziehungen werden kann – wann auch immer man sich freinimmt ist man zuständig! Wer in ein malignes Geschehen (Geschichte ist fast immer bösartig) involviert ist, der kann zwar mit-reden, aber nicht klar denken!

Die Unabhängigkeit des Geistes, welche in prekären Situationen am nötigsten gebraucht werden würde, ist für gewöhnlich, bei allen wichtigen Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Sozialem nicht zugelassen. Die Verantwortlichen haben stets Besseres zu tun, als neutrale Überlegungen anzustellen – sie müssen funktionieren, funktionieren…

„Material“ heißt das Zauberwort eines expandierenden und explodierenden Universums, in dem die Sonnen verglühen, die Wesen wachsen und welken, wo es SCHEINBAR nur darauf ankommt für eine kurze Weile zur Stelle zu sein. Aber der Mensch ist mehr als ein verschleißfähiges Rädchen im Getriebe der unsäglichen Macht!

Der Mensch kann nicht nur zeugen und gebären, nicht nur töten und foltern (obwohl er hauptsächlich auf diesen Gebieten seine Phantasie entfaltet), er kann auch betrachten! Niemand sonst ist dazu fähig – und trotzdem versuchen einige Kreaturen, die die Frechheit besitzen sich „Mensch“ zu nennen, uns die Lust an der Betrachtung abzugewöhnen!!


© Alf Glocker


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