Bisher habe ich ja noch keine Rückmeldungen von euch bekommen…komisch eigentlich. Ein wenig Kritik an dieser meiner Sichtweise habe ich schon erwartet. Aber vielleicht habe ich auch einfach nicht euren Geschmack getroffen? Wie dem auch sei, stört euch nicht dran, euch zu äußern, ich bin relativ zahm, wenn man mir argumentierend begegnet.

Aber mal zu einem ganz anderen Thema. Ich habe heute bei der Arbeit über Prinzipientreue nachgedacht. Ein schönes Wort, so hochtrabend und hat auch irgendwie etwas von einer Tugend, oder? Treu zu seinen Aussagen stehen, seine subjektiven Regeln beachten, Kategorisieren von Situationen und Menschen und einschätzen jedes einzelnen Wertes. Einfaches Einordnen.

Ich kann wohl, ohne mich schämen zu müssen, sagen, dass ich ein Mensch mit starken Prinzipien bin. Ich setze große Anforderungen an mich und die Menschen meiner Umgebung. Versteht mich nicht falsch: Ich verlange keine PERFEKTION. Überhaupt ist der Begriff Perfektion für mich wahrscheinlich durch und durch anders definiert, als er im Wörterbuch steht, oder von den meisten Menschen wahrgenommen wird. Aber das ist ein Thema für einen anderen Eintrag.

Jedenfalls bin ich gerne Ratgeberin einzuordnen, wo die Schublade fehlt, mit Worten zur Seite zu stehen. Ist euch aufgefallen, dass ich gerade von dritten Personen gesprochen habe? Richtig, an mir selbst entdecke ich oft ein Hadern mit mir. Setze ich zu hoch an? Kann man dem gerecht werden? Muss ich überdenken, umschmeißen, neu einsortieren? Bin ich zu streng mit den Menschen in meiner Umgebung, zu streng zu mir? Wir sind letztlich Mensch… eingeschränkt durch uns selbst – jedes Individuum für sich.

Ich kann sachlich-theoretisch und praktisch so gut wie jeden Zusammenhang erklären – was menschliche Beziehungen betrifft. Und dabei ist es egal, ob ich über ein Wesen vom Mars oder der Venus referiere. Beide Seiten sind oftmals nicht so schwer zu verstehen, wie man glaubt. Auch wenn ich in eine Auseinandersetzung mit Mitmenschen gerate, fällt es mir aus meiner subjektiven Sicht nicht schwer einzuschätzen, was denn genau das Problem ist. Dann jonglieren beide Seiten ein wenig mit Worten, schlafen eine Nacht drüber und schon ist es ein Feld weniger, dass in der ohnehin schon schwierigen Kommunikation mit anderen Menschen abgegrast werden müsste.

An mich selbst stelle ich wohl die höchsten Anforderungen und bin ständig hin- und hergerissen, ob ich nun Übermensch bin oder doch eher minderbemittelt. Es ist keine Frage des Selbstbewusstseins, soweit es mich betrifft, zu reflektieren, Fehler einzugestehen oder meinen Wert einzuschätzen, wenn ich eine bestimmte Leistung erbracht habe. Es ist eine reine Frage des Verstandes zu wissen, wann etwas gelungen ist und wann man über seinen verdammt großen Schatten springen muss, weil man wirklich verdammten Mist verzapft hat. Reine Intelligenz ist natürlich nicht ausschlaggebend dafür, wie man mit solchen Situationen umgeht, sondern eine gute Portion Empathie gehört dazu – Einfühlungsvermögen.

Leider musste ich in der Vergangenheit, in der Gegenwart und wahrscheinlich auch noch in der Zukunft mit Menschen in Kontakt treten, die entweder die eine oder andere Eigenschaft oder gar beide zusammen nicht hatten. Jeder Mensch für sich genommen ist natürlich ideal. Aber doch sind wir so gestrickt, einzuschätzen, in welchem Machtverhältnis wir zueinander stehen. Wir schätzen ein, welcher Mensch uns einen überlebenswichtigen Vorteil verschaffen könnte. Das hat nichts mit Egozentrik zu tun, sondern mit Evolution, meine Damen und Herren.

Und daher auch die Prinzipientreue. Wir stellen bestimmte Anforderungen, unsere Prinzipien, an Menschen unserer näheren und ferneren Umgebung. Um uns selbst zu schützen, um etwas aus dieser Beziehung für uns selbst zu ziehen (in welchem Umfang auch immer) und daraus zu wachsen und letztlich zu überleben.

Natürlich geht es heute nicht mehr darum, den stärksten und geeignetsten Jäger für unsere Sippe zu finden, sondern Menschen zu unserem Kreis zu zählen, die unsere heutigen, sehr modernen Prinzipien (=Anforderungen) erfüllen.

Meine Schlussfolgerung daraus: Wenn menschliche Kontakte in die Brüche gehen, mag es am Anfang vielleicht ein gewisser emotionaler Verlust sein, aber im weiteren Verlauf wird man bemerken, dass diese vergessenen Personen einem individuell nichts bringen konnten, um eine starke Bindung hervorzurufen, die Tage, Woche, Monate und Jahre überdauert.
Die ist kein Aufruf dazu, von nun an in die Welt zu blicken und zu sagen, dieser Mensch ist mir im emotionalen Fragen überlegen, mit ihm muss ich mich anfreunden um daraus zu lernen. Das wäre falsch und wider unserer eingebauten Mechanismen. Ich sage damit lediglich nur: Manche Freundschafen und Beziehungen überdauern, andere eben nicht, und das aus ganz natürlichen Gründen. Es ist nichts Falsches daran Prinzipientreue als Selbstschutz und lebenslanges Lernen zu haben.


© Acromania Intoleranz


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