Ein Sing(k)spiel in 5 (G)Liedern


1. (G)Lied

In Nacht und Nebel eilt ein Muttertier herbei. Es führt den Kinderwagen stolz an einem Seil bergauf. Doch in dem seltsamen Gefährt befindet sich mitnichten ein Kleinkind. Es ist der Geist einer erwachsenen Frau, die jedoch schon verstorben ist, da es an Material gemangelt hat sie zu gebären, großzuziehen. Nichtsdestotrotz begehrt er auf, ihr Geist und spottet froh, in blanken Versen. Doch zuerst ist die Mutter dran, die nicht verwinden kann, daß es das Kind nicht gab!

Mutter

Es ist nichts mein liebes Kind -
unser Planet, die Erde stirbt doch nur.
Die Menschen darauf sind so böse
und es sind auch wahnsinnig viele.
Und wo immer sie auch am Werk sind
da pflegen sie die Verdrängungskultur -
sie arbeiten mit schrecklichem Getöse
und sie haben sehr geizige* Ziele.

Ja, sie sind ehrlos, aber stupide,
sie geben sich heilig, sogar human.
Doch sind sie wirklich gnadenlos schlecht.
Aber das streiten sie grundsätzlich ab.
Sie verfolgen sich heimlich, perfide
verirren sie sich im hässlichen Gottesplan
und sie interpretieren das ewige Recht,
als Vorwand für eines anderen Grab!

Schlaf weiter mein liebes, liebes Kind!
Ein Engel hält über dich die Wacht.
Er wird dich dauernd gütig beschützen.
Gib nur deine Hoffnung nicht auf.
Denn dort, wo die Engel so sind,
da regiert eine himmlische Macht -
die wird dir leider nichts nützen,
denn verpflichtet ist sie dem Sternenlauf.

Und der eben interessiert genau sich
ganz bestimmt nicht dafür,
wie es uns ergeht, er bringt uns nur um.
Das ist sein allerhöchstes Pläsier.
Und dabei denkt er natürlich auch an dich.
Das ist eine Ehre, glaube es mir!
Sage jetzt nichts, bleibe stumm -
und betrachte froh das bekannte Revier.

Dann bleib weiter fröhlich mein Kind
und zwar so sehr du es kannst.
Werde erwachsen in dem Bemühen,
daß diese Welt auch dir gehört.
Deine Träume verwehen im eisigen Wind,
den du so gern aus den Träumen verbannst.
Lass sie in Frieden nach Nirgendwo ziehen
und beachte einfach nicht was dich stört.

Denn diese Erde gibt es einmal
und dann niemals mehr wieder.
Sie war doch sehr schön und gefährlich.
Das ist wohl alles andere als fair.
Denke nicht selbst, denn das ist nur Qual -
singe einfach garstige Lieder.
Der Weg deiner Tugend sei nicht ehrlich.
Dabei werde glücklich, das ist nicht schwer!

*nicht ehrgeizige

*

2. (G)Lied


Das „Kind“ allein, es will sich nicht zum Schweigen bringen lassen. Es meldet sich aus einem transparenten Geist heraus, der alles einbezieht was zu bedenken wäre, gäbe es doch die Chance dafür in einem armen kleinen Menschenleben. Indes, der Mensch muss mit dem vorlieb nehmen was er findet, auch wenn er einen Anspruch ernst begründet, der durchaus rechtens ist, wenn man es ganz genau betrachtet. Wäre der doch bloß nicht sehr verachtet.


Tochter


Ach Mutter, die Schatten sind so groß,
sie kommen aus allen, allen Ecken,
sie sind auch im Schrank, auf dem Gang
und draußen auf der Straße zu sehen!
Ich fürchte mich schon vor meinem Los,
wo kann ich mich denn davor verstecken?
Ich habe Angst, die Zeit ist nicht lang
bis wir alle jämmerlich untergehen!

Ich will keine Wahrheit die schrecklich ist,
ich möchte mein Leben genießen!
Warum ist das denn verboten?
Ich trage doch in mir das wahre Empfinden.
Ist denn nur fromm wer sich vergisst?
Was ist denn das für ein Wissen?!
Wohin soll denn das Gute verschwinden?
Warum bekommt es solch schlechte Noten?

Hat sich denn alles dagegen verschworen,
daß sich etwas entwickelt, das etwas taugt?
Wieso ist die Menschheit rücksichtslos blind?
Wir führen uns frech an der Nase herum!
Das Unheil haben wir uns auserkoren -
eines, das den guten Willen aussaugt,
solange bis wir alle verschwunden sind.
Das Krumme nimmt leider niemand krumm.

Was kommt auf uns zu, was soll geschehen?
Und warum siehst du mich mitleidig an?
Du hast mich hergebracht, drum mühe dich auch,
oder bin ich dir letztlich nicht mehr als egal?
Du hattest dein Leben als Wunder und Lehen,
tatest du auch was man tun kann?
Ich war mehr als ein Schwangerschaftsbauch
Empfindest du den Irrtum als völlig legal?

Hast du mich denn nicht als Seele empfunden?
Was hast du dir bloß dabei gedacht,
als du dich hingabst dem lustvollen Treiben?
Daß es nichts ausmacht, was dann geschieht?
Du hast den Urgrund des Daseins gefunden,
und dem genügt es nicht, daß man laut lacht,
um dabei nur in Wahrheit gefühllos zu bleiben!
Auf diese Art wird leider niemand gesunden!

Mach dir nichts vor, du bist und du warst
lediglich in dir und deinen Treiben verloren.
Es hat dir nichts ausgemacht wie alles scheint.
Du hast die Welt genommen wie sie ist.
Und du denkst auch nur, wenn du es dir ersparst,
dann hat dich das größte Glück auserkoren -
das hast du bestimmt auch sehr gut gemeint,
und dennoch war es nicht mehr als eine List!

*

3. (G)Lied

der unseligen Absichten genüge getan ist relativ schnell, vor allem in den sogenannten, uns bekannten „zivilisierten“ Weltregionen, wo jemand noch die Achtung genießt, der nicht mit der Macht und Kraft des männlichen Geschlechts ausgestattet ist. Mit anderen Worten, wo jemand auch was äußern darf, von dem er annimmt, es handle sich um sein Metier, von dem er spricht. Auch Frauenmenschen haben dort die Befugnis Bestimmtes zu vertreten, auch wenn es nicht von Vorteil ist.

Mutter

Was verlangst du, mein nicht liebes Kind?
Alles soll sich deinem Eigensinn beugen?
Nimm was es gibt und halte den Schnabel!
Du kannst nichts verändern an dieser Welt.
Wo und wann dein Leben beginnt
liegt allein im Empfangen und im Erzeugen.
Finde dich zurecht im sündigen Babel -
und frage nicht immer danach was dir gefällt.

Ich bin so wie du ein Spielball der Kräfte.
Das habe ich eingesehen, mich nicht gewehrt.
Mehr kann ich dazu allemal nicht sagen.
Auch für mich waren die Tatsachen vollendet!
Ich fügte mich in den Ansturm der Säfte -
danach hast du mich ausgezehrt:
ich wollte, weiß Gott, das Unmögliche wagen.
Nun sehe ich meine Liebe verschwendet!

Begreife dich endlich als Baustein der Nacht,
die hier ihr grausames Unwesen führt.
Du hast hier nur bedingt eine Wahl!
Sei aber schlau und gehe einfach dorthin mit,
wo man dich sehen will, in den Etagen der Macht,
die nichts als nur deinen Widerstand spürt,
wenn du dich auflehnst im Jammertal.
Halte einfach mit dem Zeitgeschehen Schritt!

Wenn du das nicht tust, dann kommst du um.
Dann wird dich die Masse restlos zertreten.
Da kannst du stark sein, wie ein Elefant -
dem Schicksal kannst du nicht Widerstand leisten.
Grüble nicht immer nach dem Wie, dem Warum,
dir hilft kein Hoffen, nicht Arbeit, nicht Beten.
Du bist nur ein Zeichen an dieser Wand,
hinter der sich Despoten schräger Mittel erdreisten.

Doch eins hilft dir weiter im schlammigen Grund:
du musst was du siehst nicht weiter begreifen.
Nenne das Schlimme doch leichthin sehr schön
und verhilf ihm noch weiter als gut zu gelten.
Und ansonsten, bitte, halt deinen Mund!
Lebe dein Leben in rosafarbenen Schleifen,
dann wird schon alles besser ausgehen -
und du kannst das Gewissen anderer schelten.

Leite dich um und verlasse all diese Pfade,
auf denen unerschrockene Philosophen enden.
Die führen nirgendwo hin. Da kriegt man es satt,
jedoch keinen Nachwuchs, der noch widerspricht.
Es wäre doch wirklich ein Jammer und schade,
warum willst du dich an die Rettung verschwenden
die diese Erdwelt nicht grade verdient hat?
Wartet nicht auf uns das ewige Licht!

*

4. (G)Lied

Wohin uns diese Ströme treiben, die man gemeinhin Schicksal nennt ist ungewiss, zumindest für Opfer die bestimmt sind, nichts von dem zu sehen was da kommt. Jedoch im Nichtsehen ist der Wille des Geschehens wieder zu erkennen, das Fantasien hat und was zuwege bringen möchte, an dem ein Scheitern, ein Gelingen sichtbar wird. Nur der Grund dafür ist nicht leicht aufzufinden. Doch heißt das nicht unbedingt, daß es auch keinen gibt.

Tochter

Mord ist doch Mord und Gewalt ist Gewalt,
warum nennst du Dinge nicht beim Namen?
Machst du dir gerne Unwirklichkeit vor?
Mich würde so eine Haltung nur belasten!
Was errechnest du dir aus Dienst und Gehalt?
Und wofür ersehnst du dir einen Samen?
Hörst du darin einen engelischen Chor?
Fühlst du dich wohl beim gedanklichen Fasten?

Ich werfe dir vor gewissenlos zu sein!
Du und deine Meute sind absolut vermessen!
Willst du nicht umkehren und endlich handeln?
So kann es doch nicht einfach weiter gehen!
Wirf ihn beiseite den falschen Schein,
sonst kannst du dich und die Zukunft vergessen!
Als Hure auf gesetzlichen Strichen zu wandeln,
wird dir mehr als deinen Kopf verdrehen.

Lass ganz außer Acht was dich erpresst
und handle nur nach Vernunft, eigenem Ermessen,
das du selber geprüft hast, ohne die Moral,
die man allerorts vorschreibt als gängige Pflicht.
Sag zu dem Missstand DU BIST EINE PEST,
warum soll ich was du hergibst denn fressen?
Seht doch die Lande sind schon bald kahl -
im Auftrag der haltlosen oberen Schicht!

Verschließe nicht die Augen, es macht froh,
zu wissen wie es tatsächlich um uns steht,
denn nur auf diese eine ehrliche Weise
können wir auch etwas dagegen beginnen,
daß alles verbrennt, so leicht, lichterloh,
wie es im Feuersturm nicht feuriger geht.
Und dann sei ganz laut, nicht feige und leise,
sag diesen Frevlern IHR SEID VON SINNEN!

Dann will ich dich auch sofort lieben und ehren,
dann will ich brav sein an deiner Seite,
dann such ich mit dir die sonnigen Pfründe,
dann möchte ich Mutter werden wie du.
Auf diese Art sollen sich Menschen vermehren.
Die Horizonte, in ihrer unendlichen Weite,
geben uns genug Anlässe und Gründe,
aktiv und fantasievoll zu streiten immmerzu.

Hast du denn kein Bedürfnis zu bewahren,
was hier an Wundern auf der Erde entstand?
Wo bleibt dein Anstand, wo bleibt deine Treue,
die du geschworen hast mir gegenüber?
Willst du nicht endlich davon was erfahren,
was diese Schöpfung mit dir als Mensch verband?
Warum verabscheust du alles Gute und Neue?
Ist dir denn wirklich der Teufel viel lieber?

*

5. (G)Lied

Wo undurchdringlich für das Menschenauge die Nebelwolken ihre Schwaden blähen, da ist gut sein, denn dort gibt es die Existenz. Niemand darf Sonne in dieses Zwielicht tragen und keiner darf die Wolken hinterfragen, die noch entsetzlich stinken, so man riecht – die Riech-Erlaubnis hat. Für alle Unbescholtenen, die es nicht bleiben können (unbescholten) sei eines noch dazu vermerkt: Wohl dem der stets im Stillen werkt!

Mutter

Mein Kind, ich werde dich nunmehr verstoßen!
Du bist meiner und des Lebens nicht wert!
Wir müssen uns hier nach Vorgaben richten,
die nichts mit Edelmut zu tun haben -
auch wenn das die ach Erhabenen, Großen,
voll falschem Stolz behaupten, es ist verkehrt,
sich diesen Blödsinn krampfhaft zu erdichten:
man muss sich wohl an miesen Speisen laben!

Und diese uns noch madig machen, protestieren,
daß wir nicht wissen wie man Echtes pflegt,
das ist der Gipfel aller böser Niedertracht!
Das kann und darf man nicht gewähren lassen.
Wir würden alles was wir sind verlieren,
und was man so an frommen Wünschen hegt,
die ganze faule, doch geliebte Pracht,
die gut genug ist für entgleiste Massen.

Von jemand sich noch fragen lassen müssen
warum ich jenes tat und anderes unterließ,
das stört mich in den tiefsten Seelenkreisen.
Wen will diese Frechheit wohl noch adeln?
Mein Ziel war es zu leiden und zu küssen,
nicht Ausschau halten nach dem goldenen Vlies.
Da kann zurecht mich keiner weisen,
der mich nur sticht, mit abertausend Nadeln!

Ich bin ein Automat, der von selber funktioniert,
der wie ein Uhrwerk abläuft ohne je zu murren.
Und wenn er murrt, soll es den Vater zeihen -
der hat schließlich auch den vollen Anteil dran.
In meiner Bauart läuft das Werden wie geschmiert,
wir Frauen dürfen fauchen oder gurren,
wir sind bereit uns täglich einzureihen
und nicht zu deuteln: ist es Belohnung oder Bann.

Keine erstrebt sich als vertan, als Missgeschick,
nur weil wir schielten auf ein Nest in Harmonie.
So sind wir angelegt, wir können nichts dafür,
wir bleiben gerne was wir immer sind:
wir träumen uns in dieses feiste Mutterglück,
in einer wunderbaren Daseinssinfonie,
und uns zerreißt die Sehnsucht manchmal schier
nach der Verwirklichung mit einem kleinen Kind.

Doch wenn sie groß geworden sind und lärmen
und uns verneinen, weil wir es nicht richtig hüten,
weil wir alleine so viel ausrichten konnten, wie
einer gegen die Naturgewalten der fremden Erde,
dann fliehen wir, woran wir uns viel lieber wärmen,
und hassen auch, was man uns hieß, es auszubrüten.
Dann wären wir am allerliebsten keine Sie -
und nur ein sächliches Konstrukt in wilder Herde.


Sing(k)wort zum Schluss: Sei immer froh und wohl gestimmt und singe deine Lieder, denn wer noch singen darf, dem sei der Umstand hold, daß er in einer Phase sich befindet, die universell betrachtet, mit einem Wort bezeichnet wird: „Diesseitig“. Da ist es leidlich doch nicht von Belang, ob man erwünscht, vergöttert war in seiner Ära, oder vielleicht ein Klotz am Bein, dessen sich zu erwehren nicht weniger als halt erstrebenswert gewesen ist.

Verhanebücht

© Alf Glocker


© Alf Glocker


3 Lesern gefällt dieser Text.







Kommentare zu "Verhanebücht"

Re: Verhanebücht

Autor: axel c. englert   Datum: 14.07.2016 16:51 Uhr

Kommentar: Ganz großer Text, toll komponiert -
Auch dies Gemälde fasziniert!

LG Axel

Re: Verhanebücht

Autor: Deine Schwiegermutter   Datum: 14.07.2016 18:32 Uhr

Kommentar: Den direkten Strich haben Nutten eben so an sich.

Genauso wie ein Priester seine Leitlinie für die Leitherde
und eine Herde Kreuze am Himmel Bombenregen
für das Heil der zu läutertenden Gegnern.

Das Kind muss in der Spur bleiben.
Denn nur als Spurdenker bleibt man eindimensional
auf dem rechten Pfad.


Deine Energien scheinen grenzenlos zu sein, zur Zeit... :)



LG. Waldeck

Re: Verhanebücht

Autor: Alf Glocker   Datum: 16.07.2016 10:51 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Freunde

LG Alf

Kommentar schreiben zu "Verhanebücht"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.