Stellungnahme: „Sollte ein striktes Rauchverbot in Kneipen gelten?“

Die Diskussion um ein striktes Rauchverbot in Bierkneipen erhitzt in Deutschland seit Jahren die Gemüter. Am heißesten diskutiert wohl unter jenen, die sich als hauptsächlich betroffen sehen. Der Schwellherd einer politischen Debatte, die zündstoffträchtig wieder und wieder ums Neue entflammt, findet sich dort, wo Rauchende ihre letzte Bastion verteidigen. In der kleinen Kneipe um die Ecke.
Hier versammeln sich allabendlich die Überreste einer längst vergessenen Arbeiterkultur. Die klassische Bierkneipe mit ihrer langen Theke, dem schummerigen Licht, ihrem Biergeruch und der ganzjährigen Karnevalsmusik soll nun letztendlich zum Wohle aller rauchfrei werden.
Und nicht nur die Kneipenwirte fühlen sich in ihrer Existenz bedroht, auch der Raucher um den es letztlich geht, fürchtet um seinen Zufluchtsort.Das in unserer modernen Zeit und im Zuge des gesellschaftlichen Wandels der Nichtraucher eines besonderen Schutzes bedarf, will ich nicht in Frage stellen. Jedoch sind Nichtraucher und andere moderne Gesundheitsapostel an der Theke selten gesehene Gäste, wenn nicht nahezu unbekannt. Höchstens zu besonderen Anlässen bereichern sie die bunte Thekenatmosphäre. Zu solchen Gelegenheiten legen diese dann keinen besonderen Wert mehr auf das modern sein und die Gesundheit. Es ist ja nur an diesem Abend, an dem man sich fallen lässt und es gehört irgendwie zu einem richtigen Kneipenbesuch dazu. Nun jedoch wollen genau diese seltenen Besucher es dem Stammpublikum verbieten, an ihrer Theke zu rauchen. Im Folgenden möchte ich einige wenige Punkte ansprechen, die sich während die hitzige Diskussion um das Verbot Flammen schlägt, leider all zu oft in Rauch auflösen.
Zunächst einmal sollte die Frage nicht lauten, ob es ein Rauchverbot geben sollte oder ob dieses sinnvoll wäre. Die Frage, die gestellt werden sollte, ist: Darf man diesen letzten Rauchern an ihrem Zufluchtsort das Recht auf eine Zigarette überhaupt absprechen, nachdem sie hier seit Anbeginn der Zeit zum Guten Ton gehörte?
Für die Menschen an der Theke einer Kneipe stellt es kein Problem dar, an Bahnhöfen, an Flughäfen, in Büros oder beim Friseur nicht rauchen zu dürfen. Diese einfachen Menschen haben es akzeptiert, dass nahezu alle öffentlichen Orte zur Nichtraucherzone erklärt wurden und sich stillschweigend in ihre Stammkneipe zurückgezogen. Hier, wo es noch nicht als Alkoholismus angesehen wird, nach Feierabend drei oder auch mehr Bier zu trinken, ist selbst der Raucher noch akzeptiert und willkommen. Die Rauchschwaden über der Theke gehören hier genau so zur Wohlfühlatmosphäre wie die Spielautomaten an der Wand, die unaufhörlich ein und dieselbe Melodie wiederholen. Hier ist die Zigarette genau so wenig wegzudenken wie die Würfelspiele und das Bier, das als Treibstoff der zwischenmenschlichen Interaktion fungiert. Meiner Meinung nach fühlen sich Kneipengänger zurecht diskriminiert durch ein staatlich doktriniertes Rauchverbot an ihrem letzten Zufluchtsort. Jene Überbleibsel der Arbeiterklasse, ohne die unsere moderne Gesellschaft, wie sie heute existiert, nicht möglich gewesen wäre, versammeln sich hier allabendlich und heißen selbst jene, die sich als Verlierer unseres leistungsorientierten Systems verstehen, herzlich willkommen. Ob diese nun rauchen oder nicht. Eine Theke bietet für jeden Platz, auch wenn diese einsam, unglücklich, krank oder arbeitslos sind. Macht diese Tatsache die klassische Bierkneipe nicht zu einem kulturellen Relikt? Wo sonst sollen jene, die dem Idealbild des modernen gebildeten Menschen nicht, oder nicht mehr, entsprechen Akzeptanz erfahren? Warum also sollte man den Raucher von diesem Zufluchtsort verbannen?
Die klassische Bierkneipe mit all ihren Facetten ist meiner Meinung nach ein Teil unseres kulturellen Erbes und genau so erhaltenswert wie die Fachwerkhäuser in unserer Altstadt mit ihren Türmchen und Fensterläden. Anstatt darüber zu diskutieren, ob nun ein Gesetz benötigt wird, das selbst dort das Rauchen verbietet, sollte einmal darüber nachgedacht werden, die klassische Bierkneipe unter Denkmalschutz zu stellen, um sie mit all ihren Details zu erhalten. Die klassische Bierkneipe mit ihrer anheimelnden Atmosphäre, dem Biergeruch und dem Raucher ist als schützens- und erhaltenswert anzusehen. Denn wo sonst auf dieser Welt soll ein Mensch, der so altmodisch ist wie der Raucher denn einen Platz finden, wenn nicht unter all jenen Relikten einer vergessenen Epoche? Unsere moderne Gesellschaft hat bereits mehr als genügend Vorkehrungen getroffen, um seine nichtrauchenden Bürger vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. In unser modernen, liberalen, aufgeschlossenen und freiheitsliebenden Zeit soll tatsächlich jeder rechtschaffene Bürger seinen Zufluchtsort finden an dem er die Gesellschaft
Gleichgesinnter genießen kann. Über die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens werden die Bürger dieses Landes bereits in der Grundschule informiert und selbst die Ghostbusters und Lucky Luke haben zwischenzeitlich dem Rauchen entsagt. Es wurden unzählige rauchfreie Orte geschaffen und das Rauchen selbst als unmodern, ja sogar als unangenehm eingestuft. Durch all diese Präventivmaßnahmen greifen immer weniger junge Menschen zur Zigarette und man sollte meinen, dass sich das Problem um den Raucher innerhalb einiger weniger Jahrzehnte ohnehin von selbst erledigt. Warum also ein Gesetz erlassen, das nicht nur unnötig ist, sondern gleichzeitig auch die altertümliche Atmosphäre in der klassischen Bierkneipe ruiniert, in der sich selbst Nichtraucher gerne einmal eine Zigarette anstecken, um Teil des besonderen Flairs zu werden.
An der Theke einer Bierkneipe ist also für jeden Platz, somit auch für die Menschen, die in unserer Gesellschaft nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist dann nicht auch hier der richtige Platz für die letzten Raucher unserer Gesellschaft? Der Appell, den ich an Sie richten möchte, mein geschätzter Leser, entspricht dem freiheitlichen Grundgedanken, ohne den eine moderne Gesellschaft bekanntlich nicht auskommt. Da wir in einer Zeit leben, die sich im Übergang zur Rauchfreien Gesellschaft befindet, sollte daran gearbeitet werden, eine friedliche und menschenwürdige Koexistenz zwischen Rauchern und Nichtrauchern zu erschaffen, um dem Raucher sein Verschwinden aus unserer Gesellschaft so menschenwürdig wie möglich zu gestalten, ohne die Gesundheit des Nichtrauchers zu gefährden. Es sollte also meiner Meinung nach einem jeden Kneipenwirt selbst überlassen bleiben, ob er die Rauchenden von seiner Theke verweist oder ob er ihnen weiterhin einen Platz an ihr gewährt. Wir erklären schließlich auch Inseln und Waldgebiete zu Reservaten und Naturschutzgebieten. Warum sollte unser Gesellschaft also nicht aufgeschlossen, tolerant und liberal genug sein, mit ein paar wenigen Raucherkneipen zu akzeptieren. Zumal es sich bei dem Raucher um einen Menschen handelt, der meinem persönlichen Empfinden nach genau so viel Recht auf einen Platz an einer Theke haben sollte wie auch ein jeder Nichtraucher. Mein Lösungsvorschlag, um diese hitzige Diskussion endlich zu beenden, wäre es Nichtraucher-Kneipen zu subventionieren und somit den Umschwung zur Rauchfreien Gesellschaft zu erleichtern, ohne die Freiheitsrechte der Gastwirte und des Kneipenpublikums zu verletzen. Eine aus der Tabaksteuer finanzierte Unterstützungsmaßnahme für moderne Kneipenwirte, um ihnen die Angst vor eventuellen Umsatzeinbußen zu nehmen, würde mit Sicherheit einen effektiveren Schutz des Nichtrauchers darstellen als eine Erweiterung des Nichtraucherschutzgesetzes durch ein Verbot von Tabakrauch in Bierkneipen, in dessen Rahmen dann ohnehin unzählige Ausnahmeregelungen getroffen werden müssten. Zumal durch eine solche Regelung die Persönlichkeitsrechte aller Betroffenen gewahrt wären.


© deadMeiki


0 Lesern gefällt dieser Text.


Beschreibung des Autors zu "Stellungnahme"

Nachdem ich über Videoüberwachung und Demokratie habe schreiben dürfen wurde mir nun ein sehr ausgelutschtes Thema vorgegeben, zu dem ich dachte es gäbe schon lange nichts mehr dazu zusagen. Mit einem lachendem Auge auf unser zwischenmenschliches Zusammenleben habe ich nun stellunggenommen zu einem Thema, das schon langen niemanden mehr interessiert. ;-) Habt trotzdem Spaß an dem Gedanken. ;-)

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Stellungnahme"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Stellungnahme"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.