Jeden Tag im Spiegel nur dasselbe Gesicht,
jeden Tag im Spiegel ich erkenne mich nicht.
Jeden Tag im Bad das immer gleiche Ritual,
bitte, bitte sag mir, das ist nicht mehr normal.
Jeden Tag beim Frühstück eine Sensation,
jemand ist gestorben, doch du weißt es schon.
Jeden Tag die Lügen, um nicht durchzudrehn,
jeden Tag betrügen, um nicht unterzugehn.
Jeden Tag im Aufzug diese Angst vor dem Fall,
jeden Tag im Radio wieder Redeschwall.
Jeden Tag von Neuem diese Angst, diese Flucht,
wer hat denn nur um Gottes Willen das gebucht?
Jeden Abend in der Glotze Politik,
jeden Abend in der Glotze Volksmusik.
Jeden Abend frag ich mich, wohin das führt
und wann ich das letzte Mal mich selbst gespürt.
So geht das schon ein Leben lang, du bleibst nicht stehn.
Du wagst es nicht einmal, dir ins Gesicht zu sehn.
Sie sagen alle: leg mal eine Pause ein!
Du denkst: das kann’s doch nicht schon gewesen sein.
Jede Nacht im Bett den immer gleichen Traum
und jedes Jahr zur selben Zeit den Weihnachtsbaum.
Jedes Jahr im Urlaub wieder dieser Streit
und am Ende immer Ausweglosigkeit.
Eines Tages macht dein armes Herz nicht mehr mit,
es hält mit deiner Eile einfach nicht mehr Schritt.
Ein letztes Mal der Blick hinaus ins Abendrot,
und plötzlich, unerwartet, bist du tot.
Ein kleiner Ort, noch nie von ihm gehört,
der Zufall hatte mich dorthin geführt.
Kutter gegen die Kaimauer dümpeln,
die Wellen wabernd im Morgenlicht funkeln,
der Fischer lässt den Motor an, [ ... ]
Der Smooth Jazz breitet sich aus
Schwingt sich den Wänden empor
Tanzt an der Decke leichtfüssig
Lacht übers ganze Gesicht
Und meint in unterkühltem Ton
Auch Wolken haben eine [ ... ]