Der kleine Paul fand seine Mutter weinend auf der Gartenbank sitzen. Er setzte sich zu ihr und versuchte sie zu trösten. Da er den Grund für ihre Tränen nicht kannte, fragte er sie: „Mama, warum weinst Du?“

„Ich weiß es nicht, weil ich traurig bin?“ gab sie ihm zur Antwort.
„Aber, warum bist Du traurig?“
„Ich weiß es nicht, einfach so Paul.“
„Und Du hast keinen Grund? Das versteh’ ich nicht, bitte erklär’ mir’s doch!“
Seine Mutter umarmte ihn und sagte: „Das kann ich nicht, ich hab’ keine Erklärung!“

Paul gab sich nicht zufrieden mit der Antwort und lief zu seinem Vater: „Papa, warum weint Mama? Kannst Du mir sagen, was passiert ist?“

„Hast Du sie selbst gefragt? Was hat sie Dir erzählt?“ fragte ihn sein Vater.

„Sie sagt, einfach so, weil sie traurig ist! Weißt Du, warum sie traurig ist? Irgendetwas muss doch passiert sein! Kein Mensch ist einfach so traurig!“

„Sonst hat sie nichts gesagt? Dann ist es wohl so, Frauen sind traurig auch ohne Grund, da gibt es nichts zu erklären!“ sein Vater konnte ihm auch nicht weiterhelfen.

Paul wurde erwachsen, hatte inzwischen selbst eine Frau und einen Sohn, Sebastian. Auch Sebastian fand seine Mutter eines Tages weinend auf der Gartenbank und wie Paul fragte er sie: „Mama, warum weinst Du?“

Und wie sein Vater bekam er die Antwort: „Weil ich traurig bin?“ Und auch er gab sich mit der Antwort nicht zufrieden und fragte seinen Vater, der ihm dasselbe antwortete wie damals sein Vater: „Ich weiß es nicht, Frauen sind traurig auch ohne Grund!“

Doch im Gegensatz zu seinem Vater, beschäftigte ihn die Frage, warum Frauen grundlos traurig sind, unentwegt.
Endlich ging er zum Pfarrer und fragte ihn: „Weißt Du, warum Frauen traurig sind und sogar weinen ohne einen Grund?“

Und der Pfarrer erklärte ihm: „Als Gott die Frau machte, sollte sie etwas ganz Besonderes sein.“ „Etwas ganz Besonderes?“ fragte Sebastian ihn. „Meine Mutter hat mir erklärt, jeder Mensch ist etwas ganz Besonderes.“

„Da hat Deine Mutter Recht“, fuhr der Pfarrer fort, „jeder Mensch ist auf seine Art etwas ganz Besonderes, genau das ist es mein Junge. Gott gab der Frau ganz besondere Eigenschaften, damit sie ihren Kindern eine liebevolle Mutter ist – so wie Deine.

Er gab ihr die Kraft, um Kinder wie Dich, auf die Welt bringen zu können, um zu ertragen, wenn sie, sich eines Tages grundlos von ihr abwenden.

Er machte ihre Schultern sanft, um Dir und anderen Menschen Trost zu spenden, doch stark genug, um Lasten zu tragen, ohne sich dabei zu beklagen – auch Deine.

Er gab ihr das Gefühl, mit dem sie ihre Kinder zu jeder Zeit bedingungslos liebt, sogar wenn ihr ind sie sehr verletzt hat – auch Du kannst Dich auf die Liebe Deiner Mutter immer verlassen.

Gott gab der Frau die Kraft, auch die Schwächen ihres Mannes zu ertragen und den Glauben, dass seine Verletztungen nur dazu dienen, ihre unerschütterliche Liebe zu ihm immer wieder neu auf die Probe zu stellen.

Gott machte die Frau aus einer Rippe des Mannes, damit sie sein Herz beschützt und Kinder wie Du in einer behüteten Familie aufwachsen können.

Und zum Schluss mein Junge, gab er ihr die Trauer und für die Trauer die Tränen, damit sie ihr Herz erleichtern kann, wenn die Lasten ihre Schultern zu erdrücken drohen!“

Sebastian war still geworden, so sehr hatte ihn die Erklärung des Pfarrers beeindruckt.

Er lief zu seinem Vater und berichtete, was der Pfarrer ihm erzählt hatte. Der nahm ihn in den Arm und sagte: „Ich weiß mein Junge, das Besondere einer Frau ist, unsere Fehler mit ihrem liebevollen Lächeln zu belohnen, unsere Schwächen mit ihrer grenzenlosen Geduld zu ertragen, unsere Verletzungen mit Ihrer großzügigen Nachsicht immer wieder zu ignorieren, unsere Lasten, ohne Klagen zu tragen, weil Gott ihrem Herzen unerschütterliche Liebe gegeben hat, die Du in ihren Augen erkennst, auch wenn sie weinen – manchmal um Dich!


© Ulrike Vornweg-Elzner


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Kommentare zu "Das Besondere einer Frau"

Re: Das Besondere einer Frau

Autor: Sofia Pierrot   Datum: 18.09.2011 19:06 Uhr

Kommentar: Unglaublich schön, ich habe richtig Gänsehaut beim Lesen bekommen!

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