Kapitel 2 – le premier rendez-vous

Um Punkt sechs Uhr früh stand ich mit meiner 'engeren Auswahl' an Outfits vor Pierres Tür und klopfte an. Als er nach gefühlten fünf Sekunden immer noch nicht geöffnet hatte, fing ich an mit der flachen Hand gegen die Tür zu hämmern. "Pierre? Pierre, bist du da??", ich war in Eile und mit jeder Sekunde, in der ich an meine bevorstehende Verabredung dachte, stieg ein Stück mehr Panik hoch.

"Pierre, mach auf, es ist wichtig!", ich hämmerte weiterhin mit dem Handballen an die Tür und war so in Gedanken an Charlotte vertieft, dass ich nicht merkte, wie diese aufgerissen wurde und meine flache Hand im nächsten Moment jemandem gegen die Stirn klatschte.
"AAAAAH", stöhnte Pierre und rieb sich mit der Hand die Stirn. "Und das am frühen Morgen."
Doch mein Gedanken Karussell ließ mich ihn nicht beachten. Ich brauchte seine Hilfe und das sofort!

"Pierre, du musst mir helfen!", ich schob ihn bei Seite und trat durch. "Ich hab da eine Verab-", ich steuerte gerade den Wohnbereich seiner Einzimmerwohnung an, als er mich am Arm zurückriss. "Nein, nein, nein, warte!", flüsterte er mit einer, vom Schlaf, rauen Stimme zu. "Weck Monique nicht!"
Ruckartig drehte ich mich um. "Moni-?", erst jetzt bemerkte ich, dass er nichts außer einer Boxershorts trug. "Oh."

Pierre grinste und für einen kurzen Moment verlor ich meinen Gedankengang. Doch noch bevor ich daran denken konnte, was Pierre wohl gestern noch so alles im Club gemacht hatte, als wir schon weg waren und wer von den Mädchen Monique sein könnte, brachte mich das „wir“ bereits zurück. Mein Herz begann wieder zu hämmern und ein Hauch Übelkeit stieg hoch. „Pierre!“, riss ich die Augen auf, „Du musst mir sofort helfen!“

Pierre führte mich in die Küche. „Brauchst du eher einen Rat oder soll ich dir mit einem Glas Hochprozentigem ‚aushelfen‘?“, scherzte er.
„Ich habe grad keinen Nerv für Witze“, sagte ich und merkte, wie ich zu hyperventilieren begann, „ich brauche deinen Rat! Ich habe….. Du… bist so…. aber ich bin…. Sie…. Und jetzt …. Später nach der Arbeit…. Ich weiß nicht. … ich… ICH….“
„Toll machst du das!“, sagte Pierre, „Noch ein bisschen und du sprichst in ganzen Sätzen!“

Ich war noch nie ein Verehrer von großen Risiken! Für mich galt es bereits als ziemlich gewagt meine Alltagsroutine zu brechen. Hier war ich nun – die gebrochene Routine trat eine Lawine los und nun war ich mit einer Frau verabredet!

In meinem Kopf schwirrten Unmengen an Fragen. Wieso ich? Warum musste es eine große Veränderung sein? Warum forderte mich das Schicksal direkt so heraus? Wieso konnte ich nicht mit etwas Kleinem anfangen? Ich könnte mir zum Beispiel ein rotes Paar Socken kaufen und dieses anziehen. Rot ist eine sehr leidenschaftliche Farbe, sehr gewagt, sehr aggressiv. Das würde vorerst völlig reichen. Aber nein, es musste direkt eine Frau sein.

„Antoine?“, ich starrte auf einen ‚I Love My Penis‘-Magneten, der am Kühlschrank hing. Pierre hatte offenbar nicht dieselben Probleme wie ich. „Antoine?“, ertönte es nochmal, „bist du noch da?“
„Ich bin verabredet“, schoss es plötzlich aus mir raus, „heute…. mit… Charlotte.“

„Heeeeeeey“, Pierre grinste so breit, dass man ihm einen Kochlöffel quer in den Mund schieben könnte. „Glückwunsch, mein Freund! Mach weiter so, dann wirst du noch vor deinem dreizigsten Lebensjahr entjungfert.“
Er war wie immer drauf und wie immer wollte ich ihm eine reinhauen. „Du musst mir helfen!“, wiederholte ich ein gefühltes tausendstes Mal heute.
„Neee“, sagte er immer noch erheitert und zwinkerte mir zu, „du findest schon selbst, wo es reingeht.“
„Das meinte ich nicht.“, beinah hätte Pierre mich aus dem Konzept gebracht. „Ich weiß nicht, was ich anziehen soll.“ Ich streckte Pierre meine sorgfältig gebügelten und symmetrisch gefalteten Sachen hin, die ich mir für mein bevorstehendes Treffen ausgesucht hatte. Er schien im ersten Moment verwirrt zu sein, nahm aber dann den Stapel entgegen und faltete ein Kleidungsstück nach dem anderen auseinander.

Als er fertig war, hingen alle meine Sachen übereinander auf einem Küchenstuhl. „Tjaaa“, zog Pierre den Laut in die Länge und machte es unheimlich spannend. Ich war mir sicher mein bester Freund würde mich gut beraten. „, am besten du verbrennst das Zeug.“
Das war eindeutig nicht das was ich hören wollte.
„Du willst mit Charlotte weg? Da muss was Lässiges her!“
Ich dachte über das Wort ‚lässig‘ nach und versuchte irgendeine Form von Kleidung damit in Verbindung zu bringen. Es gelang mir nicht so recht und ich kam zu dem Entschluss, dass das einzig Lässige was ich besaß ein Moskitonetz war und das konnte man nicht anziehen.

Noch bevor ich mir überlegen konnte, wie ich das Moskitonetz aufschneiden könnte, um es doch tragen zu können, fuhr Pierre fort. „Sie spielt in einer Band, hat sie dir das erzählt?“
„Nein, hat sie nicht. Was spielt sie denn so?“, ich war überrascht und auch sehr neugierig. Charlotte faszinierte mich.
„Ich glaube Gitarre, aber eigentlich singt sie mehr.“
Ich nickte und stellte mir vor, wie Charlotte auf einer Bühne stand, wie das Licht auf sie fiel und wie die Menge ihr zujubelte. Ja, das würde sehr gut zu ihr passen. Doch es beängstigte mich umso mehr. Ich war nicht wie sie, ich war weder ‚lässig‘ noch ‚cool‘ und Gitarre spielen oder singen konnte ich schon mal gar nicht.

„Wann triffst du dich mit ihr?“, zog mich Pierre aus meiner Gedankenwolke.
„Sie hat gesagt, sie holt mich heute nach der Arbeit hab.“, ich fühlte mich dämlich, da sie es war, die mich abholte. Eigentlich sollte es andersrum sein.
Ich sollte sie abholen, mit einem Blumenstrauß in der Hand und dann sollten wir essen gehen, in ein schickes Restaurant in der Nähe der Seine mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Eiffelturm...
Um ein Haar hätte ich mich wieder meiner Träumerei hingegeben, aber die Absurdität der Vorstellung – ich, in der Rolle eines Gentlemans und vielleicht sogar Verführers – brachte mich wieder zurück. Niemals könnte ich den Mut aufweisen einer Frau so etwas zu bieten, auch Charlotte würde das einsehen und dann die Flucht ergreifen. Dieses Treffen würde bestimmt das erste und das letzte sein.


© Ronia Tading


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Beschreibung des Autors zu "le mystère du coeur (das Geheimnis des Herzens) - Kapitel 2.1"

Kapitel 2 wurde zerbröselt, damit der Text nicht 'zu lang' wird. :)

Ich hoffe es gefällt euch!




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