Die Henne Agatha


Fred Vogeler war ein langjähriges Mitglied des Geflügelvereins „ Scholle 47.“ Der Vereinsnahme ist 1947 entstanden, da hatte die Stadt dem Geflügelverein Flächen auf der Gemarkung 47 zugewiesen, auf denen die Volieren entstanden.
Fred Vogeler war ein typischer Vertreter der „Landbevölkerung.“ Er war von großer, kräftiger Gestalt und er besaß ein rundes Gesicht. Seine Knollennase und seine immer roten Wangen verliehen seinem Gesicht eine gewisse Lächerlichkeit. Fred hatte schon Geheimratsecken, und seine Haarpracht war nicht mehr üppig.
Er war fleißig und arbeitsam, und er unterstützte den Verein zu jeder Zeit. Fred machte jedoch durch sein „loses Mundwerk“ viel kaputt. Er war nicht redegewandt und freisprechen viel ihm schwer. Vogeler besaß eine gewisse „Bauernschläue“, und so mancher Zuchtfreund wurde regelrecht betrogen. Sein Interesse galt den großen Hühnerrassen, und Zwerghühner waren für ihn „minderwertig.“
Fred hatte die Angewohnheit, sich jedes Jahr eine neue Hühnerrasse anzuschaffen. Die vorhergehende Hühnerrasse verschwand im Kochtopf, oder er veräußerte diese vorteilhaft.
Viele Zuchtfreunde waren über sein Verhalten verärgert, jedoch der Vorsitzende Christian Färber schmunzelte nur, denn für ihn kam dadurch immer eine neue Rasse auf die Vereinsschau. Da Fred Zuchtrichter war und Ahnung von den Hühnerrassen hatte, kaufte er immer nur gutes Tiermaterial. Mit diesen gekauften Tieren räumte er natürlich ständig auf Ausstellungen jede Menge Preise ab.
Freds Ehe mit seiner Frau Mia war kinderlos, deshalb galt ihre ganze Liebe ihren Zwerghühnern. Sie hatte einen Hahn und acht Hennen, der Rasse Zwerg-Welsumer, rost-rebhuhnfarbig.
Mia hatte all ihren Zwerghühnern einen Namen gegeben. So hieß z.B. der Hahn Ferdinand, und die Lieblingshenne des Hahnes hieß Frieda.
Eine Henne bekam den Namen Agatha, und warum die Henne den Namen bekam war nicht zu ergründen. Es ergab sich irgendwann, dass Mia ihre Hühner nicht mehr mit „putt, putt“ sondern mit „ferdi“ rief.
Beim Rufen mit „ferdi“ kamen sie auch schnell angerannt.
Wenn man die Hühner nicht fütterte, blieben sie an der Eingangstür zur Voliere stehen.
Ferdinand drehte einen Flügel ein, führte ein „Scheinscharren“ durch, hackte in den Sand und lies Drohlaute hören.Die Hennen zupften dann immer gelangweilt an Grashalmen.
Eines Tages sagte Frau Vogeler zu ihrem Fred : „Ich weis gar nicht, was mit der Henne Agatha los ist, sie frisst einfach nicht mehr.“ Fred erwiderte nur : „Die Henne werde ich mir anschauen“! Vogeler konnte an der Henne nichts feststellen, was auf eine Krankheit hätte schließen können. Alles waren Anzeichen von strotzender Gesundheit, wie z.B. roter Kamm, rundes Auge, eng anliegendes Gefieder u.s.w.
Agatha setzte sich jedoch öfter hin, und hackte nach den Hühnern. Frau Mia machte dann den Fehler, ihrem Nachbarn Dieter Wegener, das seltsame Verhalten ihrer Henne zu schildern.
Der Zuchtfreund Wegener war so etwas wie eine „ Quatschbase.“ Nun wussten alle Vereinsmitglieder, dass bei Vogelers die Hühner nur herum sitzen, und keine Eier mehr legen.
Wegener hatte immer Falschaussagen parat, und trotzdem fielen viele auf seine Lügen darauf rein. Man diskutierte auf der Vereinsversammlung über Mias Zwerge. Viele Zuchtfreunde waren der Meinung, die Henne Agatha habe zuviel Futter bekommen, und deshalb wäre das Problem entstanden. Der Zuchtfreund Rolf Dunke war der Meinung, dass die Henne vielleicht Mäuse verspeise. Worauf Fred erwiderte: „Ich habe schließlich drei Katzen.“ Dunke erwiderte darauf: „ Die Henne kann trotzdem Mäuse fressen.“ Äußerst zornig sagte Fred: „ Du hast ja ein Rad ab, deine Hühner fressen ganz bestimmt Mäuse.“ Dunke erwiderte ganz ruhig: „ Fred bleibe doch einmal ganz sachlich.“ Der Streit eskalierte, und die Zuchtfreund ergriffen unterschiedlich Partei. Der sachliche Vorsitzende, Christan Färber, konnte gerade so mit „ Ach und Krach“ den Streit beilegen.
Einige Tage später war Fred mit Holz spalten beschäftigt. Er machte eine Pause und traute seinen Augen nicht. Die Henne Agatha hatte eine Hausmaus in ihrem Schnabel, und rannte mit ihr durch die Voliere, gefolgt von allen Hennen. Die Hennen ereichten Agatha, und blitzschnell wurde die Maus zerhackt und von allen verspeist.
Nun lag der Grund klar auf der Hand, die Zwerghühner fraßen alle Mäuse.
Agathas Verhalten war nun eindeutig klar, die Henne war für einen bzw. zwei Tage total gesättigt.
Doch Vogeler machte einen entscheiden Fehler, er borgte sich bei seinem Nachbarn Wegener, mehrere Mausefallen.
Nun war ja die Sache eindeutig, und alle im Verein wussten nun davon.
Fred Vogeler erhielt nun, von Stund an den Spitznamen „Mäuse-Fred.“ Man wagte jedoch den Spitznamen nur hinter seinem Rücken auszusprechen.
Es kann für Fred nur ein schwacher Trost sein, wo Mäuse sind, leben keine Ratten, Ratten dulden in ihrer Umgebung keine Mäuse…


© Jürgen


2 Lesern gefällt dieser Text.






Kommentare zu "Die Henne Agatha"

Re: Die Henne Agatha

Autor: Uwe   Datum: 17.11.2014 15:16 Uhr

Kommentar: Gleicher Name, gleicher Jürgen, gleiche Freude zu lesen,
was darunter steht!

Kommentar schreiben zu "Die Henne Agatha"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.