Große (kleine) Amrumrunde

In Keitum bei Köns Übergang an den Kniep gehen und sehen wie weit es mich heute treibt beschloss ich. Vorzulaufen, bis zum Meer war noch vor 19 Jahren leicht, heute ist es Anstrengend , das kann ich sagen, den es zieht sich! Früher war direkt am Ufer eine Wasserstraße, die nur zur Ebbe seicht wurde, heute ist er versandet und man braucht bis zum Meer schon gut zwei Kilometer Fußmarsch. Klar sind die Strandkörbe verschwunden und ohne Gummistiefel geht nichts. Schlicklöcher und Treibsand lassen die Füße schnell nass werden. Heute aber ist es heiß und die Schuhe an den Schnürsenkeln zusammengebunden hängen über meinen Schultern. Später wird er trockener und ich gehe extrem ungerne barfuß.
Na dann los denn, spannende Erkenntnisse ala Hape Kerkeling „ Mir tun ja so die Füße weh, habe ich das schon erwähnt?“ sollte es geben, genauso wie „die Welt dreht sich, nur wir vergessen es“.
Also die Welt dreht sich, auch ohne das wir es bemerken. Das erkannte ich schon jetzt. Die Fahrrinne war versandet und nur noch das Seezeichen, das keiner mehr brauchte, und die DLRG waren noch zeugen dieser Entwicklung. Rettungsschwimmer ohne Aufgaben sind irgendwie entspannte Gesellen. Was soll sie auch ärgern?
Also los. Motiviert geht es los, warum eigentlich. Ich dachte ich bin schon längst am Wasser und was stelle ich fest, das dauert immer länger und wenn man gerade denkt da zu sein erkennt man, dass der Weg sich noch ziehen wird. Es ist so flach, dass ich dachte es kann nur deutlich näher sein.
Aber ich erkannte zu Beginn nur etwa ein Viertel des Wegs. Setzen geht nicht, weil alles nass ist und eine Pause wäre nett gewesen. Je weiter ich nach vorne gekommen bin lagen immer mehr Muscheln auf dem Boden und der Treibsand war immer weniger zu erkennen.
Vorne angekommen, musste ich mich erst einmal setzen. Dann erst erfüllte mich Stolz und die Situation. Ich will euch den Aha-Effekt nicht rauben, als geht selber vor und es wird euch ein toller Aha-Effekt bieten. Man denkt an der Dünenkette sei Schluss, aber das stimmt nicht wirklich. Lasst euch überraschend.
Vor einigen Jahren ist hier ein Container gestrandet mit Hilfinger-Schuhen. Die Inselbewohner freuten sich und sammelten fleißig Sandalen und Co. Nicht zu vergessen die Wracks. Hier kann man welche sehen oder erahnen. Um die Insel gibt es so einige, hier fast zum Anfassen.
Kann man sich vorstellen, dass vor 400 Jahren hier noch Festland war. Hier stehen und verstehen, das in 2 unglaublichen Sturmfluten aus Festland Wattenmeer wurde.
Was müssen das für Stürme gewesen sein? Den meisten reicht schon eine Fahrt mit der Fähre die Sturmstärke 7 bis 8. Wir haben Strom und wirklich unglaubliche Schiffe, aber 1600 oder bei der ersten Sturmflut 1362 war alles noch ganz anders. Unglaublich das diese Küsten oder Inselbewohner geleistet haben ist unglaublich Naturabhängig und Lebensintensiv.
Hier am Kniep und bei Sturm kann man das schon irgendwie nachvollziehen.
Nun gut, geträumt und erholt geht es weiter Richtung Süddorf und Nebel.
Hier ist immer Nebel, 25946 Nebel, und doch geht jeden Tag die Sonne auf und scheint in Nebel.
Den Leuchtturm in der Sicht und doch so weit zu laufen. Doch davor ist ja noch der FKK Zeltplatz. Aber trotz tollem Wetter sind fast keine Nudisten unterwegs. Später sollte ich noch viele sehen, doch ich würde eher hier hingehen, denn hier wird man wenig gesehen. Wer will schon im Internet seine Bilder wieder finden. Aber viele sehen das anscheinend anders. Und ich passiere den Leuchtturm.
Erstes Ziel erreicht. Mal wieder stolz auf mich. Habe ich erzählt das Laufen und Rücken wie bei Hape sind. 140 Kg sind schon 5 Kilometer gewackelt. Und weiter geht’s. Weiter? Mir fehlt Sonnenschutz. Sonnenbrandgefahr. In der Ferne sehe ich die ersten Strandkörbe. Das muss Strandhaus sein. Ein Restaurant zu dem man 500 Meter laufen muss. Aber es ist ein nettes und eher intimes Häuschen mitten in den Dünen. Super Lokation mit gutem Essen. Nicht High Class aber preislich auch familienfreundliche Preise.
Aber was soll das denn jetzt. Ich habe mich verschätzt. Ich war noch davor. Aber endspurt 1 und unter dem DLRG Haus, das auf Stelzen steht unterstellen. Die Haut braucht schatten und jeder Strandkorb kostet. Ich will ja nicht arm werden und so reicht mit dieser Schatten. Und Setzen. IHHHH der Sand ist nass. Richtig nass.
Jetzt sehe ich aus, als ob ich in die Hose gepullert habe.
Das ist nun so, Wasser riecht nicht. Und heute sind es 35 Grad warm, da trocknet es auch schnell.
Ich bleibe sitzen, mein Rücken eben.
Eine Uhr wäre Gold wert. Hier zählt aber fast keine Zeit und heute habe ich frei.
Was solls, abspannen ist angesagt für die Seele. Nur für sie Seele.
Hier an der Westseite der Insel zeigt sich mal wieder die 2 Seiten, das extrem unterschiedlichen Lebens hier. Dort wo die Strandübergänge sind und Holzwege bis zum Wasser reichen ist alles überfüllt. Sardinen haben in der Dose, gezwungenermaßen, mehr Platz. Wir Humanoiden zwängen uns freiwillig und ohne Not zusammen. Abseits der Strandübergänge und 75 Meter rechts und links liegt keiner mehr. So ergiebt sich, das man 150 Meter ganz entspannt gehen kann und 150 Meter muss man darauf achten, keinem auf sein Handtuch zu treten.
Eine starke Welle lässt die Menschen zur Laola-welle werden.
Aufschrecken und wegrennen, aber man muss nun mal direkt am Wasser liegen.
Naja selbst im Urlaub vergessen wir den Konkurrenzkampf nicht.
Urlaub heißt kämpfen, aber warum ? Macht das Sinn?
Abbruch, ich habe zu lange mich ausgeruht. Morgen gehe ich weiter. Noch einen Kilometer um Bus und gut.
Ich ging weiter. Etwa 2 Wochen später.
Also an meiner Abbruchstelle angefangen Richtung Norddorf und vielleicht einen Brennstein finden. Naja so hieß Bernstein eben früher. Er ist ja kein Stein sondern versteinertes Harz. Hier war ja früher Moorlandschaft und da wurde auch Harz konserviert. Herabgesunken in den ewigen Tiefen der dunklen Moore. Aber finden sollte ich die schwimmenden goldenen Schätze nicht.
Die wenigsten haben hier welche gefunden. Viele sagen es und wenige fanden sie.
Schein und sein.
Dann um die Biegung in Norddorf. Vorbei ist die Ruhe. Der Blick auf Sylt lässt viele hier hinkommen und obwohl viele denken, hier ist ja nur ein Rinnsal zwischen den Inseln. Vertraut dieser Meinung nicht. Selbst die besten Schwimmer konnten nicht von Amrum nach Sylt schwimmen. Einige sehr gute Schwimmer starben dabei.
Und windig ist es hier. Da liebe ich Wittdün, hier ist es viel geschützter. Warum gehe ich an eine Stelle um Sylt zu sehen, wenn es hier deutlich kälter ist und der Wind bläst. Sogar in Nebel kann man heute gut liegen. Hier friert man schnell in der Badehose.
Der Wind ist zu stark zum wohlfühlen, aber der Blick nach Westerland scheint wichtiger zu sein. Verstehe es wer will, ich versuche es erst gar nicht.
Und jetzt um die Nordspitze. Eine langgezogene Sand-Land-Zunge ziehst sich weit im Norden der Insel ins Meer. Lauffreudige gehen bis ganz zum Ende. Ich wollte es, aber kapitulierte dann doch. Unendlich zieht es sich hinaus. Abkürzen ist da schon sehr angenehm und hier geht das fast unbemerkt. Ich konnte mich gut selber täuschen.
Aber da ich sowieso stolz auf mich war, soweit gekommen zu sein, erlaubte ich mir dieses Abkürzung mit gutem Gewissen. Der Wind blies nun von hinten.
Weitergehen war 2 Schritte auf einmal gehen.
Einen per Pedes, einen per Luftdruck! Flugschritte!
Neues Extrem!
Vom Strand ans Watt, vom Sand zum Gras. Aber auch wenn es ein wieder ganz verändertes Bild ist, es ist ein wunderschönes Bild..
Jetzt ist die Stimmung weniger auf Sand und hinlegen fixiert, sondern mehr auf Bank und beobachten!
Jetzt bin ich auf der Wanderseite. Gehen und gepflegt schauen.
Einfach hier sitzen und nachsinnen. Ruhe und doch voller Leben entdeckt man vielleicht, das auch bei den Tieren vieles unseren Problemen gleicht. Sieh ins Gesicht vieler Tiere und man erkennt Lösungen für vieles, denke ich.
Enten mit ihren Jungen kamen bis zu meinen Füßen ohne Angst zu haben und sogar Kaninchen umstreiften meine Füße ohne Furcht. Jagen hieße nur herunter fassen und nehmen. Doch die vertrauen uns.
Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden.
Wir sind ja sogar am Strand am Kämpfen. Die Tiere heute kämpfen nicht. Sie beschenken mich.
Ich denke an die Arbeit und das viele ihre Kraft vergeuden um sich über andere zu erheben. Aber nicht durch Leistung, sondern durch Gerede. Ich nehme mir die Gelassenheit der Tiere und verspreche mir selber meine Kraft zu schonen und freundlich zu nutzen.
Manchmal könnte man denken das Tiere und Menschen ähnliche Gesichtszüge haben und sich ähnlich verhalten. Ich der Ruhe findet man sich eben manchmal.
Dafür hat sich der Weg gelohnt.
Möwen trampeln aus dem Wattboden , direkt an der Wasserkante auf das Watt, so das die Würmer sich herauswagen und verwirrt sind. So fangen sie Würmer und hier ist es so ruhig, dass sie es auch können. Am Strand ginge das schlecht. Die Touries würden sofort schauen und die Möwen so verjagen. Die Insel ist eben für alle da.
Jetzt noch mit dem Bus zurück. Tolle Zeit verbringe ich hier und genieße es. Später kommen noch die einsamen Monate der Insel.
Aber da denke ich dann dran.
Glücklich sein und gut ist!


© Morgenstern


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Beschreibung des Autors zu "Große (kleine) Amrumrunde"

Ein Spatziergang auf dem 3. größtem Strand Europas. Gedanken und Gefühle.

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