Liebe Studierende und Freunde des Längs-, Quer- und Diagonaldenkens,

ich will heute einmal über die Sinnhaftigkeit von unterschiedlichen Strategien beim Umgang mit weltweiten Viruspandemien sprechen.

Da gibt es einmal die lascheren Möglichkeiten, mit dem sozialen Leben umzugehen. Freundliche Empfehlungen, sich voneinander fern zu halten, andere nicht mit feuchter Aussprache zu maltraitieren und ein fröhlicher Ellenbogentouch statt Händedruck, das muss reichen. Schließlich sollte eine gewisse Anzahl von Opfern nun mal in Kauf genommen werden. Mit 3000 Toten im Straßenverkehr erkaufen wir unsere freie Beweglichkeit, noch mehr Tote erfordert die Führung eines Haushaltes. Beispielsweise sorgen das Besteigen von Leitern zwecks Fensterpflege, das Abfüllen von Kloreinigern in Limonadeflaschen oft für das Ableben von Menschen, so wie das das unkontrollierte Zuschlagen von Türen für das von Goldhamstern sorgt.

Aber das muss eben sein, sonst könnten wir uns ja nur noch liegend in Höhlen aufhalten, deren Eingang durch einen Stein verschlossen ist. Dieses Konzept wurde vor 2000 Jahren ja schon – leider erfolglos – ausprobiert. Zumindest aber überflüssig, denn bereits Verblichene muss man ja nicht mehr davor schützen, angesteckt zu werden.

In Höhlen würden uns natürlich andererseits gerne die Vertreter strengerer Antivirus-Strategien einsperren. Keiner kommt mehr mit anderen in Berührung, ein totsicheres Mittel gegen jede Form vor Ansteckung. Noch nicht mal rechtsextreme Fremdenhasser könnten weitere Asylantenheime anzünden, wenn sie sich in Isolation befänden und Maßnahmen getroffen wären, diese Absonderung zu überwachen. Auch hätten diese Abgesonderten dann genug Zeit, nicht nur, um wieder mal „Mein Kampf“ zu lesen, sondern auch, um in ihrem Mundschutz ein virales Biotop zu züchten, das die Mundschutzmaske eventuell zu einer wirksamen Waffe machen könnte.

All das sind gut gemeinte Strategien, sie sollen schließlich ausschließlich die Gesundheit der Bürger schützen, denn es soll ja keine einzige Kreuz verloren gehen, wenn es in einiger Zeit zur Wahl der Volksvertreter kommt. Zumal das Kreuz ja nicht nur ein Zeichen von Analphabetismus ist, sondern vor allem ein Symbol für unsere christlich-abendländische Wertegesellschaft.

Aber dann gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Man sollte nur die isolieren, die voraussichtlich ohnehin nur noch ein „halbes Lebensjahr“ vor sich haben. Auch das zusätzliche Anlegen von elektronischen Fußfesseln wäre begrüßenswert, um jeden ihrer Schritte zu überwachen. In Ausnahmefällen, beispielsweise bei Fußamputierten, könnte man sich auch mit einem Chip am Rollator zufriedengeben.

Man könnte es ja einfach wegschließen, das ganze sieche Geraffel mit Vorerkrankungen; die Kettenraucher, die Adipösen, die Zuckerjunkies, die Asthmatiker, die, welche mal eine schwere Lungenentzündung hatten, die mit Bluthochdruck, mit Herzschrittmachern, Stents, und vor allem eben die, welche alt sind, und deren unerträgliches Siechtum in einer deutlich verkürzten restlichen Lebenszeit besteht.

Dann können sich die Jungen wieder freizügig und unbeschwert dem Fortbestand der Wirtschaft widmen, eben jener Wirtschaft, die die ältere Generation für sie aufgebaut hat.

Dann wäre allen Risikopersonen geholfen. Den Alten und Vorerkrankten, sie hätten ein bis zwei Jahre in der Ruhe ihrer Isolation Zeit, die „Welt der Frau“ zu lesen oder „Frauentausch“ im Fernsehen zu schauen. Das ist ohnehin spannender als das Gebrabbel ihrer Enkel und Urenkel, die sie sonst besuchen müssten. Gerade diese kleinen Brabbler sind ja eigentlich nur hinterlistige Verbreiter des Virus, ohne selbst krank davon zu werden. Also genau genommen seine Komplizen.

Ich selbst musste mich zwangsweise auch bis heute für vierzehn Tage in meine Studierstube zurückziehen, und hatte deshalb Zeit genug, über all diese Strategien nachzudenken. Dabei ist mir die Idee zu einer vierten Möglichkeit gekommen. Sie baut auf der dritten auf, nämlich alle wegzuschließen, die ihren Lebenszyklus fast schon vollendet haben und zugleich schwer vorerkrankt sind.

Ich denke dabei an unser in ausufernder Weise wucherndes Wirtschaftssystem, das ja vermutlich auch nur noch eine sehr begrenzte Lebenszeit hat, und durch metastasierenden Konsumkrebs dramatisch vorgeschädigt ist.

Wenn dieses System eine Weile weggeschlossen wäre, genau so lange bis es eine den Menschen zuträglichere Form angenommen hätte, also gewissermaßen genesen wäre, ginge es uns danach allen vermutlich sehr viel besser. Und zwar nicht nur denen, die in Drittweltländern unseren Müll nach Wertstoffen durchstöbern, sondern sogar denen, die den Zwang empfinden, sich jedes halbe Jahr das aktuellste Handy-Modell zulegen zu müssen.

Denken Sie doch einmal darüber nach, wenn sie ihre Mundschutzmaske aufsetzen, auch wenn der dadurch verursachte Sauerstoffmangel Ihre mentalen Fähigkeiten spürbar beeinträchtigen sollte. Als ich Ihre Referate korrigiert habe, habe ich feststellen müssen, dass es mit diesen Fähigkeiten bei vielen von Ihnen ohnehin nicht weit her ist.

Ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Aufmerksamkeit.




© Peter Heinrichs


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Beschreibung des Autors zu "Über diverse Strategien zur Bekämpfung von Pandemien. (Episode 28)"

Ein weiter Vortrag des mittlerweile weltbekannten Sonderlings und Querdenkers Professor Dr. Anatol Schwurbelzwirn

Nur für den Fall, dass es der eine oder andere nicht merkt – dieser Text ist ironisch gemeint.

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