Die Idee


Am Montagmorgen im Internat lag eine knisternde Spannung in der Luft. Die fünf Freunde – Mia, Noah, Leo, Anna und Lina – standen zusammen auf dem Schulhof, während die Sonne sich langsam durch die Wolken kämpfte und einen silbernen Schimmer über den nassen Asphalt legte. Es war Pause, und die Gespräche drehten sich mal wieder um das Mysteriöse, das Unbekannte. Besonders heute. Noah, der die Geduld eines Goldfisches hatte, brach schließlich das Schweigen. Er schaute zu Leo hinüber, der sich auffällig ruhig verhielt. „Und Leo, wie steht es mit deiner Idee, von der du am Freitag gesprochen hast?“, fragte er und stemmte die Hände in die Hüften. „Hat sie inzwischen Form angenommen?“ Leo, der selten etwas ausplauderte, bevor er es nicht bis ins Detail durchdacht hatte, lächelte vage und nickte. „Oh ja“, begann er, während seine Augen aufblitzten. „Definitiv. Sie nimmt mehr Form an, als ich dachte.“ Anna, die neben Mia stand, beugte sich interessiert nach vorne. „Nun, lass uns nicht länger warten, Leo. Wir sind alle neugierig!“ Leo schien einen Moment zu zögern, dann sagte er leise: „Ihr wisst doch, etwa acht Kilometer von hier entfernt, mitten im Nirgendwo, steht diese riesige Forschungseinrichtung. Sie ist wirklich abgeschottet, und niemand in der Stadt scheint genau zu wissen, woran dort gearbeitet wird. Es gibt Gerüchte ... über Kernfusion.“ „Kernfusion?“ Lina runzelte die Stirn, während sie an einem Zweig herumspielte. „Das klingt nach einem Science-Fiction-Film.“ Noch bevor Leo weitermachen konnte, ergriff Mia das Wort. Ihre Augen funkelten, als sie sich in das Gespräch einklinkte. „Du meinst so etwas wie den internationalen Kernfusionsreaktor ITER in Cadarache, Südfrankreich“, sagte sie sachlich, als wäre es die selbstverständlichste Information der Welt. „Der Bau begann vor über zehn Jahren. Sie sind dabei, die ersten Bauteile des Tokamak-Reaktors zusammenzusetzen. Aber es wird wohl noch Jahre dauern, bis er tatsächlich in Betrieb geht. So etwas ist unglaublich komplex und kostspielig.“ Für einen Moment herrschte Stille, als alle Mia anstarrten. Ihre Augenbrauen hoben sich leicht, als sie sah, wie beeindruckt die anderen schienen. Noah pfiff anerkennend durch die Zähne. „Mia, du bist echt unglaublich. Mit vierzehn weißt du mehr als die meisten Erwachsenen! Wie weißt du all das?“ Mia zuckte mit den Schultern und lächelte schüchtern, aber mit einem Hauch von Stolz. „Nun, als angehende Nobelpreisträgerin sollte ich wohl zumindest über die Grundlagen Bescheid wissen, oder?“, sagte sie augenzwinkernd. Alle lachten, aber Leos Miene blieb ernst. „Mia“, sagte er nachdenklich, „du hast doch einen Onkel, der Physiker ist. Weißt du, woran er arbeitet? Vielleicht hat das etwas mit dieser geheimen Forschungseinrichtung zu tun.“ Mias Gesicht wurde nachdenklich. „Mein Onkel, aber wie ich schon am Freitag gesagt habe, ... Ja, er ist Physiker, aber was genau er macht, darüber schweigt er wie ein Grab. Einmal habe ich ihn gefragt, aber er meinte nur, dass er keine Informationen preisgeben dürfe. Selbst mein Vater weiß nichts Genaueres. Alles, was ich weiß, ist, dass er morgens früh das Haus verlässt und abends oft spät zurückkommt. Was dazwischen liegt, bleibt ein Rätsel.“ Anna, die bisher nur zugehört hatte, meldete sich jetzt zu Wort. „Dann ist es doch ziemlich wahrscheinlich, dass er in dieser Forschungseinrichtung arbeitet, oder? Es klingt so, als würde das alles zusammenpassen.“ Mia nickte langsam, ihre Gedanken schienen immer tiefer in das Labyrinth der Spekulationen zu driften. „Das könnte durchaus sein“, sagte sie leise, während in ihrem Kopf ein Puzzle aus Vermutungen und ungelösten Rätseln entstand. Doch tief in ihrem Inneren wusste Mia, dass sie, wenn sie Antworten wollte, nicht darauf warten konnte, dass jemand sie ihr einfach so lieferte. Nein, sie würde selbst die Fäden in die Hand nehmen müssen. Schließlich war sie Mia, diejenige, die immer den Durchblick hatte – oder zumindest den Weg dorthin finden würde. Während sich die Freunde weiter über mögliche Geheimnisse und versteckte Projekte austauschten, schlich sich ein Gedanke in Mias Kopf, der sie nicht mehr losließ. War ihr Onkel wirklich nur ein einfacher Physiker? Oder steckte er tiefer in dieser geheimen Forschungseinrichtung, als sie sich je hätte vorstellen können?

„Ich habe das Internet durchforstet, aber nicht einmal den kleinsten Hinweis auf diese Forschungseinrichtung gefunden. Selbst bei Google Maps ist der Standort der Einrichtung verpixelt. Alles, was ich herausfinden konnte, ist, dass es ein großes Sperrgebiet ist. Die Geheimhaltung rund um diese Einrichtung scheint sogar noch größer zu sein als bei Area 51 in Nevada.“ Ein leises Raunen ging durch die Gruppe, doch Mia runzelte nur die Stirn und musterte Leo nachdenklich. „Das ist wirklich merkwürdig“, murmelte sie, während ihre Augen vor Neugierde funkelten. „Ein Sperrgebiet so nah an unserer Stadt und niemand weiß etwas darüber? Das klingt... extrem verdächtig.“ Anna konnte sich ein leichtes Lachen nicht verkneifen. „Und du willst das Geheimnis also lüften, Leo?“, fragte sie, obwohl in ihren Augen die gleiche Neugier aufblitzte wie bei Mia. Leo sah sie ernst an und nickte entschlossen. „Ja, genau das habe ich vor. Ich habe sogar versucht, mich vorsichtig in den Zentralrechner der Einrichtung zu hacken, aber die Firewall dort ist massiv. Die Sicherheitsvorkehrungen sind auf einem Niveau, das ich bisher noch nie gesehen habe. Ohne weitere Informationen komme ich nicht weiter.“ Mia neigte den Kopf zur Seite und dachte nach. „Eine Firewall, die selbst dich aufhält, Leo? Das muss ein ziemlich komplexes System sein. Aber es gibt immer Lücken. Irgendwo. Du hast doch sicher schon überlegt, wie man daran vorbeikommt, oder?“ Leo lächelte leicht und nickte. „Natürlich habe ich das. Aber dafür brauche ich mehr Hintergrundinformationen – wie sie das Netzwerk absichern, welche Systeme sie benutzen, wie die Verschlüsselung aufgebaut ist. So etwas finde ich nicht einfach auf öffentlichen Servern. Deshalb dachte ich an etwas... Direkteres.“ „Direkter?“, fragte Lina skeptisch und verschränkte die Arme, während sie sich an einen alten Baum lehnte. „Du willst doch nicht wirklich...“ Leo nickte entschlossen. „Doch, ich will die Forschungseinrichtung besuchen.“ In der Gruppe entstand eine spürbare Spannung, als Leos Worte in den Köpfen seiner Freunde widerhallten. Noah ließ ein nervöses Lachen hören. „Du willst in eine Hochsicherheitsforschungseinrichtung einbrechen? Das klingt wie der Beginn eines Spionagefilms!“

„Bevor wir jedes Wochenende hier in diesem Kaff versauern und nichts anderes tun als zu lernen, wäre ein Abenteuer doch eine willkommene Abwechslung, oder?“ Anna sprach als Erste das Offensichtliche aus. Ihre Augen leuchteten aufgeregt, obwohl ein Hauch von Unsicherheit darin lag. „Aber Leo, wie genau planst du, an die Informationen zu gelangen, die wir brauchen?“ Leo hielt inne und ließ seinen Blick durch die Gruppe wandern, bevor er schließlich bei Mia hängen blieb. „Da kommst du ins Spiel, Mia“, sagte er mit einem Grinsen. Mia, die bis zu diesem Moment nur interessiert zugehört hatte, runzelte plötzlich die Stirn. „Ich“, fragte sie überrascht und hob eine Augenbraue. Leo nickte entschlossen. „Ja, dein Onkel könnte der Schlüssel zu den Informationen sein, die wir brauchen.“ Mia zögerte, ein seltsames Gefühl kroch ihr den Rücken hinauf. „Ich könnte meinen Onkel vielleicht ausfragen“, erwiderte sie schließlich, „aber er würde niemals etwas über seine Arbeit preisgeben. Das wäre, als würde man versuchen, Wasser aus einem Stein zu pressen.“ Leo schüttelte den Kopf und hob beruhigend die Hände. „Nein, Mia, das musst du gar nicht. Hör dir erst einmal meinen Plan an. Es ist wichtig, dass alle zustimmen, denn… sagen wir, es ist nicht gerade legal.“ Eine schwere Stille legte sich über die Gruppe. Der Gedanke, die Grenze des Gesetzes zu überschreiten, wurde plötzlich greifbar. Doch die Neugier und der Drang nach einem Abenteuer waren zu verlockend. Eine nach der anderen stimmten sie zu, selbst Mia, die noch immer innerlich mit sich rang, gab schließlich nach. Obwohl es gegen ihre Natur ging, etwas Illegales zu tun, konnte sie sich dem Reiz des Abenteuers nicht entziehen. Vielleicht war dies der Beginn von etwas wirklich Aufregendem – oder möglicherweise Gefährlichem. Leo lächelte zufrieden und wandte sich wieder Mia zu. „Mia, hast du schon einmal eine Flexacard bei deinem Onkel gesehen?“, fragte er mit ernster Miene. Mia runzelte die Stirn und dachte nach. „Flexacard?“ Sie wiederholte den Begriff, noch immer verwirrt. „Was ist das?“ „Es ist eine spezielle Karte, etwa so groß wie eine Kreditkarte“, erklärte Leo ruhig, als hätte er die Informationen aus erster Hand. „Mit dieser Karte kann man Türen in Hochsicherheitsbereichen öffnen. Man zieht sie einfach durch einen Schlitz an der Tür, und das Sicherheitssystem gibt die Tür frei. Jede Forschungseinrichtung dieser Art benutzt solche Karten.“ Mias Augen weiteten sich leicht, als sie sich daran erinnerte. „Oh ja, das klingt vertraut“, sagte sie und nickte langsam. „Mein Onkel hat so etwas. Er trägt diese Karte immer an einem Stoffband um den Hals. Aber warum fragst du das?“ Leo lächelte breit und nickte. „An diese Karte müssen wir herankommen, Mia. Sie könnte uns den Zugang zu der Forschungseinrichtung verschaffen.“ Mia hielt inne, ihr Kopf war ein einziges Chaos an Gedanken. „Du willst doch nicht etwa, dass ich sie ihm stehl“, fragte sie schockiert. Allein der Gedanke daran ließ sie erschauern. „Das werde ich auf keinen Fall machen!“ Ihre Stimme klang entschlossen. Leo hob beruhigend die Hände. „Nein, Mia, keine Sorge. Ich würde niemals von dir verlangen, dass du die Karte stiehlst. Ich brauche nur die Daten von der Karte.“

„Und was genau hast du mit den Daten der Karte vor?“, fragte Noah neugierig und zog dabei seine Stirn leicht in Falten. Leo holte tief Luft und begann seine detaillierte Erklärung. „Ich hoffe, dass ich mich mithilfe der Daten in den Zentralrechner des Forschungszentrums hacken kann. Die Karte gewährt Zugang zum Sicherheitssystem – das ist der entscheidende Punkt. Da der Zentralrechner wahrscheinlich auch das gesamte Sicherheitssystem kontrolliert, könnte die Karte sozusagen meine Eintrittskarte sein. Wenn ich mich darüber in das System einlogge, könnte ich mir Zugang zum Rechner verschaffen und uns die Informationen holen, die wir brauchen.“ Lina, die bisher ruhig zugehört hatte, konnte ihre Faszination kaum verbergen. „Lässt sich so etwas wirklich umsetzen?“, fragte sie mit glänzenden Augen. Leo zuckte lässig mit den Schultern, als wäre das Ganze nicht komplizierter als eine Matheaufgabe. „Zumindest bei großen Banken sind die Sicherheitssysteme oft ähnlich aufgebaut.“ Mia, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, hob plötzlich den Kopf und sah Leo durchdringend an. Ihre scharfe Intelligenz blitzte in ihren Augen auf. „Moment mal, Leo, woher weißt du das alles?“, fragte sie kühl, doch die Neugier schwang unverkennbar mit. Es war, als würde sie versuchen, hinter seine vage Erklärung zu blicken. Leo wurde leicht rot im Gesicht und wich ihrem Blick kurz aus. „Nun ja, ich habe mir einiges angeeignet“, antwortete er ausweichend und spielte nervös mit seinen Händen. Mia ließ nicht locker, ihre Augen funkelten indessen scharf. „Bist du etwa ein Hacker, Leo, oder bilde ich mir das nur ein?“, fragte sie mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier. Leo grinste schief und sah sie wieder an. „Ich würde mich nicht unbedingt als Hacker bezeichnen, Mia. Aber du weißt ja, dass ich später in die Softwareentwicklung will. Da gehört es eben dazu, sich auch mit Sicherheitssystemen zu beschäftigen. Klar, ich habe schon mal hier und da eine Firewall umgangen, um die Lücken zu finden, aber ich bin nie in ein System eingebrochen oder habe Daten gestohlen oder so etwas.“ Mia hob eine Augenbraue und schmunzelte leicht. „Also eher ein ethischer Hacker, der nach Schwachstellen sucht, bevor jemand anderes sie ausnutzt?“, bemerkte sie fast lobend, und Leo nickte grinsend. „Genau so könnte man es sagen“, erwiderte er dankbar für ihre Umsicht. Mia verschränkte die Arme und dachte nach. „Und wie genau soll ich die Daten von der Karte bekommen? Du weißt doch, dass mein Onkel die Karte niemals aus der Hand geben würde.“ Leo lehnte sich leicht vor und lächelte, als hätte er die perfekte Antwort parat. „Du hast doch immer deinen Laptop dabei, oder?“ Mia verdrehte spielerisch die Augen. „Natürlich. Ich könnte ohne das Ding nicht leben. Was hast du vor?“ „Ich werde dir am Montag eine App auf deinen Laptop spielen, die ich selbst programmiert habe“, erklärte Leo stolz. „Die App kann solche Karten auslesen. Dazu bekommst du von mir einen kleinen Stick und ein Kartenlesegerät, das nicht größer ist als eine PC-Maus. Alles, was du tun musst, ist, die Karte in das Gerät zu stecken. Der Upload der Daten dauert nur etwa 30 Sekunden. So einfach ist das.“ Ein breites Grinsen breitete sich auf Leos Gesicht aus, als er diese vermeintlich einfache Lösung präsentierte. Mia hob skeptisch eine Augenbraue. „Ja, ja, so einfach ist das“, sagte sie spöttisch. „Glaubst du wirklich, ich kann einfach zu meinem Onkel gehen und sagen: ‚Hey, kannst du mir mal deine Karte leihen?‘ Der wird mich auslachen!“ Leo lachte kurz, blieb aber ernst. „Du bist schlau, Mia. Wenn jemand das hinkriegt, dann du. Ich habe volles Vertrauen in dich“, sagte er aufrichtig, fast schon bewundernd. Lina, die bisher Leos Begeisterung geteilt hatte, schüttelte nun nachdenklich den Kopf. „Du stellst aber auch ganz schön hohe Anforderungen an Mia“, warf sie ein und sah ihn ernst an. Leo nickte langsam, sein Gesicht wurde ernst. „Ich weiß, Lina. Aber ohne die Daten der Karte kommen wir einfach nicht weiter. Das hier ist unsere einzige Chance.“ Mia warf Leo einen langen Blick zu, bevor sie den Kopf leicht schief legte. Ihre Finger spielten unbewusst mit dem dünnen Band an ihrem Handgelenk, während sie angestrengt nachdachte. Schließlich seufzte sie tief und sah Leo mit einem herausfordernden Lächeln an. „Na gut“, sagte sie ruhig und bedacht. „Ich werde mir etwas einfallen lassen. Aber unterschätze mich nicht, Leo. Wenn ich das tue, dann nur, weil ich weiß, dass wir Erfolg haben werden. Und ich werde keine halben Sachen machen.“ Leos Gesicht erhellte sich, als hätte er gerade die Bestätigung erhalten, auf die er gewartet hatte. „Das wusste ich, Mia. Du bist brillant.“ Mia lächelte leicht, doch in ihrem Kopf wirbelten bereits die Gedanken wild durcheinander. Sie wusste, dass sie eine Lösung finden musste, die sowohl raffiniert als auch unauffällig war. Das Abenteuer war riskant, ja. Aber es gab keinen Zweifel daran, dass sie dafür bereit war.


Fortsetzung folgt


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