Staffel 3 - Episode 8: Und befreie uns von dem Bösen

Alle waren sie im Krankenhaus, als das Baby von Gabrielle endlich das Licht der Welt erblickte. Zip war wahnsinnig stolz, auch wenn er nicht der Vater des Kindes war. Doch das würde er von nun an für sie sein. Es war ein Mädchen und sie hatten es Clementine genannt. Selbst Greta kam ins Krankenhaus, um das neue Glück zu bestaunen, aber sie verzichtete ausnahmsweise auf Lack und Leder. Gabrielle war glücklich. Viele anstrengende Wochen lagen hinter ihr, aber das war jetzt vergessen. Alles Glück lag in ihrer Hand. Michaela hielt das Baby zuerst auf dem Arm und streichelte seine Wangen. Es war ein wunderschönes Kind. Clementine brachte sie alle zum Strahlen. Michaela fiel ein, dass sie das Stofftier in Gabrielles Büro liegen gelassen hatte, aber das konnte sie der kleinen Clementine auch noch morgen bringen. Gabrielle würde sich sicherlich freuen, denn soviel sie wusste, hatten sie noch nicht alles für das Baby da. Gabrielle wollte sich selbst darum kümmern, wenn sie wieder fit war. Zip hatte tagelang an ihrem Bett gestanden und auf diesen Moment gewartet. Endlich waren sie eine Familie. Und dann geschah das Unglaubliche.

„Jetzt wo wir hier alle so schön versammelt sind, möchte ich etwas vortragen! Es geht mir schon lange durch den Kopf, aber ich wusste schon immer, dass dieser Moment der Richtige sein würde, also habe ich darauf gewartet! Ich, Zip, möchte dich fragen liebe Gabrielle! In der Anwesenheit all deiner Freunde! Willst du mich heiraten und Clementine gemeinsam groß ziehen?“. Gabrielle kamen sofort die Tränen. Alle fanden es süß. Naja mehr oder weniger. Ein wenig schmalzig war es schon, aber als Gabrielle den Antrag annahm, waren wirklich alle zu Tränen gerührt. Zip und Gabrielle würden heiraten und waren nun eine richtige Familie. Das war wunderschön. Kendrix machte sofort ein Foto von der neuen Familie und das sollte dann in ihr Büro kommen.

Gabrielle und Zip würden nicht so schnell ins Bordell zurückkommen, sondern sie würden sich jetzt erstmal um die kleine Clementine kümmern. Die Arbeit ging Gabrielle nicht mehr vor. Kendrix hatte alles im Griff und das wusste sie. Und da ergriff auch sie das Wort. „Wie ihre alle wisst, bin ich in ärztlicher Behandlung wegen meiner Umwandlung in einen Mann! Vor langer Zeit habe ich euch mal gesagt, dass ich mich als Mann gerne Ken taufen würde! Wie ihr seht, schreitet die Verwandlung immer weiter fort und viel Weibliches ist ja nicht mehr übrig geblieben! Die Stimme verändert sich mittlerweile deutlich und ich möchte euch erstmal dafür danken, dass ihr das von Beginn toleriert habt und mich so wahnsinnig toll unterstützt habt! Wenn es euch wahrscheinlich auch erstmal schwer fällt, würde ich euch gerne bitten, dass wir Kendrix endgültig begraben, denn als Frau sehe ich mich schon seit Wochen nicht mehr! Damit die Verwandlung auch endgültig werden kann, müsst ihr von nun an auch meinen neuen Namen anerkennen! Ich würde euch also bitten, mich in Zukunft mit Ken anzusprechen und nicht mehr mit Kendrix! Das mag für euch eine Kleinigkeit sein, aber für mich ist es ungeheuer wichtig! Das ist für mich ein abschließender Schritt unter diese Sache und damit geht endlich mein Traum, ein Mann zu werden, vollständig in Erfüllung! Ich danke euch!“. Auch Ken wurde sofort von allen umarmt und auf ihn stieß man genauso an wie auf das Baby. Irgendwie lustig. Die Chefin war jetzt ein Chef. Das Bordell Türkis hatte nun einen Chef. Das würde bei den Kunden sicherlich für viel Verwirrung führen, aber das war Ken egal. Auch auf der offiziellen Website des Bordells stand nun endgültig Ken und nicht mehr Kendrix. Aus einem „sie“ wurde ein „er“, aus „ihr“ wurde ein „ihm“. Ken war überglücklich und auch von ihm machte man ein Foto mit Clementine auf dem Arm.

Doch nicht weit entfernt vom Krankenhaus stand Uwe vor dem Bordell Türkis und betrachtete es lang und innig. Einiger seiner Gruppenmitglieder standen direkt hinter ihm und sprachen kein Wort. Auch er sprach lange nichts. Ihm war dieses Bordell ein Dorn im Auge und das konnte nur eine logische Schlussfolgerung davon sein, für was er stand und eintrat. Michaela sah das alle nicht in ihrer Verliebtheit. Sie hatte endlich jemanden gefunden, der ihr zuhörte und nur eines wollte: Frieden. Doch ein Bordell galt nicht unbedingt als heiliger Ort. Es war ein verwerflicher Ort. Es war pure Schande für diejenigen, die dort hausieren gehen. Das versuchte Uwe auch Michaela immer wieder klar zu machen, aber sie öffnete sich diesbezüglich überhaupt nicht. Es war ihr Arbeitsplatz und ihre Zukunft. Für Uwe war es die Inkarnation des Teufels serviert direkt vor seinen Augen. Er konnte so nicht mehr arbeiten. Direkt vor seiner Nase stand dieses Ding und lockte die sündigsten Menschen an, die unrein und abgrundtief schlecht sein mussten. Für ihn gehörte ein Bordell zu dem Bösen. Und das Böse hatte keinen Platz in Utopia. Denn in Utopia gab es nur Frieden und keine Gewalt oder Sünde. Es war das Paradies auf Erden – ohne die sündige Eva, die er in Michaela und den Anderen sah. Wie konnte er eine Botschaft von Frieden vermitteln, wenn er direkt vor einem Bordell seine Zentrale hatte? Was würden Pilger sagen, die ihn besuchen kommen? Die würden die Nase rümpfen und eventuell denken, dass auch er ein Sünder war. Und sein Fleisch war rein und nicht sündig, das musste man ihm glauben. Er würde nie mit Michaela schlafen. Sie war fett. Gefüllt mit Sünde und Schande. Erst wenn er sie davon befreite, würde sie rank und schlank wie Adam werden. So betete er. Zu wem auch immer. Immer wieder sprach er die Worte: “Befreie uns von dem Bösen!“. Doch es geschah nichts. In Uwe geschah allerdings viel. Er spürte eine Welle der Befreiung. Sie kam immer näher. Schon bald würde sie alles reinigen, was sündig und schmutzig war. Sie würde kommen und alles verschlingen. Wie eine große Flut. Amen.

Fortsetzung Folgt mit Episode 9 in Kürze!!!

Euer Seralgo Refenoir


© Seralgo Refenoir


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