Kapitel 3 Ein unfreiwilliger Gast

Plötzlich riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken: „Lady?" Es war eine warme, freundliche Stimme die mich sofort aufschauen lies. Genau vor dem Bett, auf dem ich lag, stand eine junge Frau die ihre hellblonden Haare mit einem Kopftuch zurück gebunden hatte. Sie trug die typische, weiße Kleidung einer Ärztin. „Meister Argon schickt mich" sagte sie „Ich soll mir eure Verletzungen ansehen." Ich nickte als Antwort. „Verratet ihr mir euren Namen, Lady?" fragte sie vorsichtig.„Sora" sagte ich leise. „Sora, ein schöner Name" antwortete sie.

„Wieso nennt ihr mich eigentlich, Lady?" fragte ich verwundert als ihre Worte in meinem Kopf zu wirken begannen. „Meister Argon hat Anweisung gegeben euch so gut wie möglich zu behandeln" sagte sie und lächelte. Ich dachte mir meinen Teil: Um so besser er mich behandelte, um so geringer schien ihm wohl die Wahrscheinlichkeit dass ich ihm noch einmal versuchen würde davonzulaufen. Zumindest war dies meine Vermutung, den eine andere Antwort wusste ich mir im Augenblick nicht.

Als ich wieder hoch sah stand die junge Frau neben dem Bett und behandelte meine Wunden. Zunächst die am Bein und anschließend die an meinem Fuß. Nach dem sie damit fertig war nahm sie etwas hoch, was sie sorgfältig auf das gegenüberliegende Bett gelegt hatte. Zu meinem Erstaunen war es ein orangefarbenes Kleid.

Langsam erhob ich mich von dem Bett. „Wollt ihr wirklich aufstehen, Lady?" fragte mich die Frau. Ich nickte als Antwort. Die Frau legte das Kleid wieder ab, gab mir ihre rechte Hand und half mir auf die Beine. „Ich denke mir mal ein heißes Bad würde euch guttun, Lady" sagte sie schließlich.

Sie führte mich in einen Nebenraum in dem eine goldene Badewanne mit heißem Wasser auf mich wartete. Ich zog meine alten Sachen aus und stieg in das Wasser. Als ich schließlich bis zum Hals drin war sah ich zu der jungen Frau. „Wie heißt ihr eigentlich?" fragte ich sie, während sie meine alten Sachen sorgfältig zusammenlegte und in einen Wäschekorb tat. „Mein Name Miriam, Lady."

Ich zog den Kopf ein. Daran dass ich als „Lady" angesprochen wurde, würde ich mich wohl oder übel noch gewöhnen müssen.

Ich lehnte mich im warmen Wasser zurück und probierte mich zu entspannen, was mir leichter fiel als ich dachte. Während ich fast wegdämmerte wusch mir Miriam die Haare wobei sie vorsichtig mit ihren Fingern meine Kopfhaut massierte.

Als ich die Wanne wieder verließ reichte sie mir ein dickes, sonnengelbes Handtuch, in welches ich mich einwickelte, ob wohl es eigentlich so warm im Zimmer war, dass dies nicht nötig gewesen wäre.

Ich trocknete mich ab und zog anschließend das orangene Kleid an welches an meinem Körper herunterfloss als sei es ein Wasserfall.

Die flachen Schuhe die mir Miriam gab waren sogar noch besser als erhofft.

Anschließend flocht Miriam mir meine Haare zu mehreren feinen Zöpfen. Als ich mich im Anschluss im Spiegel ansah erkannte ich mich selber kaum wieder. Das Kleid und meine geflochtenen Haare harmonierten hervorragend mit einander.

Es war kaum zu glauben: Vor ein paar Stunden saß ich noch im Kerker und hatte eigentlich schon mit meinem Leben abgeschlossen. Und nun wurde ich hier oben im Palast behandelt wie eine Prinzessin.

In der zwischen Zeit war ich von Miriam über den Flur ein paar Räume weiter geführt wurden. Bei diesem handelte es sich um das größte Zimmer welches ich je in meinem Leben betreten hatte. Der ganze Raum hatte die Ausmaße eines kleinen Wohnhauses und verfügte über alle Annehmlichkeiten.

Von einem Himmelbett mit Seidendecken, über einen wirklich gigantischen Kleiderschrank in dem bestimmt 40 verschiedene Kleider platz fanden, bis hin zu einem Tisch auf dem nicht nur ein Korb voller frischem Obst, sondern auch bestimmt 7 verschiedene Brotsorten und andere Dinge standen die ich mir nie hätte träumen lassen.

Vor dem Tisch mit den Speisen stand ein weiterer, kleinerer Tisch an dem ein silberner Stuhl stand. Miriam bat mich platz zu nehmen, woraufhin ich mich etwas fremdelnd auf den Stuhl setzte.

Als sie mich anschließend fragte was ich essen wollte, wurde ich rot. Bedient zu werden, war ich nun beim besten Willen nicht gewohnt. „Darf ich...." begann ich, während ich merkte dass mir das Blut in den Kopf strömte „...es mir auch selber nehmen?" Sie lächelte und antwortete: „Natürlich Lady."

Langsam stand ich auf, nahm mir einen Teller von einem Beistelltisch und begann mir etwas aus einer Schüssel zu nehmen was aussah wie Linsensuppe. Anschließend ging ich zurück an den Tisch und begann langsam zu essen. Erst jetzt merkte ich dass das gar keine Linsensuppe war. Was sich in der Suppe befand wusste ich nicht, doch der Geschmack erinnerte mich an frische Tomaten.

Nach dem ich fast den halben Teller leer gegessen hatte merkte ich dass ich beobachtet wurde. Ich brauchte nicht lange zu raten wer es war.

Langsam drehte ich meinen Kopf in Richtung der Tür. Miriam hatte ebenfalls mitbekommen dass wir „Besuch" hatten und verbeugte sich unterwürfig.

Argon kam zu mir. „Darf ich mich zu dir setzen?" Die Frage überraschte mich so sehr dass ich als Antwort nur nickte. In diesem Moment viel mir allerdings auf dass es an dem Tisch nur einen Stuhl gab und auf dem saß ich gerade.

Mit einer einzigen Bewegung seiner rechten Hand löste Argon das Problem in dem er unter sich eine Art Nebelschleier erzeugte der sich verdichtete und anschließend zu einer weißen Wolke wurde, auf die er sich setzten konnte.

Wir schwiegen eine Weile. Eines war für mich klar: Argon war mir noch mehr als eine Erklärung schuldig. Unser abgebranntes Land würde ich ihm nicht so schnell verzeihen.

„Tut mir leid" sagte Argon schließlich, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich blickte auf. „Was meint ihr?" fragte ich verwundert. Argon zog den Kopf ein wie eine Schildkröte „Ich glaube ich habe da etwas über die Strenge geschlagen, mit meiner Magie. Das alles abbrennen würde wusste ich nicht....Tut mir leid." „Ach so" sagte ich. Damit war die Sache geklärt. Doch wer meine Familie auf dem Gewissen hatte, wusste ich damit immer noch nicht.

Die nächsten Stunden vergingen Ereignislos. Ich probierte mich in meinem neuen Zimmer einzuleben, wobei ich allerdings schon mehr als eine Stunde damit verbrachte mir die vielen Kleider in dem Schrank genauer anzusehen. Neben luftigen Kleidern in hellen Farben für die Sommermonate, gab es auch eine ganze Reihe dicker Kleider, mit Fellen für den Winter. Unter den Kleidern standen mehr als 30 Paar Schuhe. Ich nahm mir ein Paar heraus und kroch hinein. Sie passten wie angegossen, was ich gleich bemerkte als ich einige Schritte durch das Zimmer lief.

Nach dem ich genug von den Sachen anprobiert hatte, ging ich zur Eingangstür meines Zimmers, öffnete sie und trat hinaus auf den Flur. Neben dem Raum mit der Badewanne und dem Krankenzimmer gab es auf dieser Etage noch weitere Räume, die alle durch dicken Holztüren verschlossen waren.

Vorsichtig öffnete ich eine der Türen. Hinter dieser befand sich ein großer, überdachter Balkon.

In seiner Mitte plätscherte ein kleiner Springbrunnen leise vor sich hin. Etwas neben dem Brunnen standen zu beiden Seiten längliche Blumenkästen aus Stein in die Pflanzen mit weißen, blauen und dunkelroten Blüten gepflanzt wurden waren.

Von der Brüstung des Balkons aus blickte man auf eine weitläufige Wiese hinaus die bis an den Rand eines Buchenhains führte.

Etwas vor dem Wald plätscherte ein kleiner Bach leise vor sich hin. Als ich mich herum drehte sah ich zum ersten Mal die Burg von außen. Sie war größer als ich sie mir vorgestellt hatte.

Mehrere hohe Türme umringten ein zentrales Gebäude welches einem übergroßen Schneckenhaus ähnelte.

Hier und da konnte man kleine Balkone in den Windungen dieses „Schneckenhauses" erkennen. Fenster gab es auf jeder Etage mindestens 30. Zudem sah ich einige Seitengebäude die aus dem Zentralbau herausragten wie die Arme eines Kraken und die mit ihrer schlichten, eckigen Form und die spitzen Dächern so ganz und gar nicht zu dem runden Bauwerk passen wollten.

In diesem Augenblick kam mir plötzlich wieder in den Sinn wie ich aus dem Kerker gekommen war. Und noch jemand fiel mir wieder ein: Benjamin. Was war mit ihm? Das einzige was ich wusste war das Argon zu seinen Wachen gesagt hatte dass sie sich um ihn „kümmern" sollten.

Ich ging wieder zurück in die Burg und lief über den Flur zurück zu der Treppe die hinunter in den Kerker des Schlosses führte. Zu meiner Überraschung kam ich unterwegs an einer Tür vorbei die den weiteren Weg nach unten in den Kerker versperrte. Zu beiden Seiten der Tür standen Wachen die ihre Speere gekreuzt hatten. Zu meinem Erstaunen gaben sie aber den Weg frei als ich mich näherte.

Ohne die Wachen eines Blickes zu würdigen begann ich anschließend die Treppe in den Kerker hinunter zu gehen. Hoffentlich fand ich Benjamin in dem Gewirr von Gängen welches hier unten auf mich wartete.

Nach dem ich die Treppe hinter mich gelassen hatte trat ich in den ersten Flur. In diesem gab es keine Zellen. Alles was ich sah waren einige Fackeln die in Metallhaltern an den Wänden steckten.

Ich nahm mir eine von diesen und begann, meinem Instinkt folgend, einen der Kerkergänge hinunter zu laufen.


© koto7001


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