Leptu

Rosa ritt auf Nasil auf dem Weg nach Santu durch ein verlassenes Dorf, wo viele Häuser und Zelte eingestürzt waren. Ab und zu hörte sie Türen klappen, so ganz verlassen war es scheinbar nicht aber die Kreaturen, die hier hausten, waren argwöhnisch. Ihre Vorgärten waren verwildert und ausgetrocknet. Auf dem Dorfplatz sah sie die Reste eines Brunnen der Wahrheit. Rosa überkam eine tiefe Traurigkeit aber auch die Gewissheit, dass sie schnell was gegen das Verderben unternehmen sollten.

In Santu lebte Leptu, ein Magier aus der alten Welt. Er kannte und wusste viel, ihn wollte sie wegen der Lichtkugel fragen.
Der alte Magier war ein großer, hagerer Mann mit langem schwarzem Haaren, die er meisten offen trug, was ihn noch älter und weiser aussehen ließ.

Seine Augen blitzen auf, als er Rosa erblickte, da Rosa für ihn immer wie eine Tochter war. Früher, als Rosa noch eine junge Elfin war, stahl sie sich oft zu ihm und er erzählte ihr tolle Geschichten. Dabei trank sie ein großes Glas Honigmilch und fühlte sich wohl. Das waren die glücklichen Momente in ihrem Leben, da ihr Alltag oft stark durchstrukturiert war.

Er schloss sie in seine hageren Arme um sie willkommen zuheissen.
„Komm rein, mache es Dir gemütlich, mein Kind“, sagte er in seiner rauen Stimme.

Sein Haus war recht klein aber sehr gemütlich. In der Mitte des Hauses stand ein großer Schreibtisch mit vielen Skizzen und Bleistiftzeichnungen.
Rosa fragte sich manchmal, ob Leptu nie schlief, denn er hatte immer Ideen für neue Zaubersprüche und setzte die auch um. So manches Mal ging der Zauber schief und setzte seine langen Haare in Brand aber das war für Leptu nur ein Ansporn, um weiterzuforschen.
Er stand hinter seinem Schreibtisch und war schon in seiner eigenen Welt verschwunden, die Welt des Zaubers und Magie. Rosa konnte ihre Fragen kaum sich behalten, wusste aber, dass man Leptu Zeit und Raum geben musste, so würde sie nichts aus ihm herausbekommen.
Also schaute sie sich in dem kleinen Haus um und entdeckte auf den Regalen viele große und kleine Gläser mit Substanzen sowie Zutaten für alle möglichen Zauber. In einem sehr großen Glas, glotze sie ein riesiges Auge an. Sie konnte nicht wegschauen, war wie hypnotisiert und hatte den großen Drang nach Ihrem Schwert zu greifen und dem Zauberer die Kehle durchzuschneiden. Was war los, warum konnte sie sich nicht wehren. Das Auge fixierte sie weiterhin, ihre Hand glitt zu ihrem Schwert, zog es raus und ging zu dem Zauberer Leptu, der sehr vertieft in seine Skizzen war.
Langsam, wie unter Zwang drehte sie sich um und holte aus. In diesem Moment machte Leptu eine Handbewegung und sprach einen Zauber, sodass Rosa zurücktaumelte und sich schweißgebadet auf den Hocker hinter ihr setzte.
„Was war das?“, fragte sie atemlos.
Leptu fixierte sie, ließ sie nicht aus den Augen:
„Entschuldige, ich hatte nicht daran gedacht, das Glas abzudecken. Bekomme ja eher weniger Besuch und bei mir versucht er es mittlerweile nicht mehr.“
Rosa sah ihn an und wagte es nicht, erneut in die Richtung des Auges zu schauen.
„Das hätte übel ausgehen können, ich wollte dich töten!“
„Hast Du aber nicht und nun beruhige Dich, Kindchen. Hier, nimm ein Schluck Wasser,“ Leptu reichte ihr ein Glas und Rosa trank es gierig aus.
„Du bist ausgetrocknet, das hat er gespürt und es ausgenutzt. Hätte er Erfolg gehabt, würdest Du jetzt unter seinem Bann stehen und alles befolgen, was er dir befiehlt.“
„Er?“
„Du kennst vielleicht noch Jeske?“, fragte er Rosa und schaute sie dabei an. Rosa musste nicht überlegen, stellte ihr Wasser auf den Tisch und sagte:
„Jeske war ein übler Bursche, ein Vaser, der alle möglichen Tricks angewandt hat, um an Geld und Macht zu kommen. Ich habe ewig nichts mehr von ihm gehört und bin auch froh darüber“, sinnierte sie.
„Moment,“ Rosa sah Leptu mit großen Augen an:
„Du meinst, das ist Jeske? Wie kommst Du an sein Auge. Jetzt sag mir nicht, dass Du ihn getötet hast?“, und starrte den alten, gebrechlichen Zauberer an.
„Kindchen, es ehrt mich, dass Du mir sowas noch zutraust aber meine Arme und Beine sind schwach und die Muskeln wollen nicht mehr so richtig. Er ist vor vielen Jahren bei mir eingebrochen und mein Einbruchzauberer hat ihn, sagen wir mal, überrascht. Viel war von ihm nicht übrig aber sein Auge habe ich aufgehoben, damit ich ihn im Blick habe. Wer weiß, was andere, die ihn gefunden hätten, mit ihm angestellt hätten. Du weiß ja, dass Vaser mit seinen Fähigkeiten außerordentlich selten sind und eine Menge Magie und Macht haben, sobald sie voll ausgereift sind.“
„Aber genug davon, was kann ich für Dich tun, Kindchen?“
Rosa erzählte ihm von den Schergen und von der plötzlich erscheinenden Lichtkugel.
„Mmh, ich glaube, ich weiß was Du gesehen hast!“, flüsterte Leptu ehrfurchtsvoll. Er ging im Raum auf und ab und zwirbelte dabei seine langen Haare.
„Ich muss aber noch weitere Nachforschungen anstellen, um ganz sicher zu sein. Gib mir ein paar Tage Zeit, dann komm wieder hierher und ich werde Dir berichten!“
Rosa nutzte die Zeit in der Stadt, um ein paar Besorgungen zu machen. Santu war eine sehr schöne Stadt, mit vielen Reichen. Die großen weißen Häuser waren sehr gepflegt mit wunderschönen Vorgärten, wo die Blumen und Bäume blühten. Manche Gärten hatten kleine Wasserspeier, andere große Bänke mit kleinen Teichen.


© C. Winkelmann


0 Lesern gefällt dieser Text.




Kommentare zu "Die Lichtfee Teil 10"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Die Lichtfee Teil 10"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.