Malek


Meine Tasche war fertig gepackt, eine Nachricht schnell an Lenny geschrieben. Anrufen wollte ich sie nicht, da sie es mir nur hätten ausreden wollen. Aber ich konnte nicht mehr, ich wollte endlich wieder klar denken können und nicht ständig diese, nicht eigenen Gedanken in meinem Kopf spüren, hören.
Da war es wieder, dieser unverwechselbare Duft. Er wirkte so vertraut und fühlte sich nach Heimat an. Egal, ich muss weitermachen und mich nicht aufhalten lassen.
Ich nahm dieses Mal ein Taxi in die Innenstadt, damit ich den vielen Leuten in der U-Bahn nicht begegnen musste. Der Fahrer war sehr nett und merkte wohl, dass ich nicht reden wollte. Als ich ihm die Adresse nannte, stutzte er kurz aber fragte nicht weiter nach. Ich war ihm sehr dankbar dafür.
Das Taxi hielt vor der von mir geforderten Adresse. Ich stieg aus und schaute mir das Gebäude an, welches vor mit hoch hervorragte. Es war ein sehr altes Gebäude mit weißem Putz und einem großen Schild: „Klinik für Psychiatrie und Neurologie“. Tat ich das richtige? Wer weiß, welche Störungen in meinem Unterbewusstsein noch lauerten und durch die Therapie zu Tage kamen.
Naja, ich konnte es mir ja erstmal anschauen, musste ja nichts entscheiden und wenn ich wieder nach Hause wollte, würde man es mir bestimmt, hoffentlich, gestatten.
Eine kleine Brise spielte mit meinen roten Haaren. Gerade war der der vertraute Duft sehr stark. so stark, dass ich fast nicht in die Klinik gehen wollte, sondern auf dem Absatz kehrt machen. Was war das, warum spürte ich plötzlich so eine Abneigung gegen mein Vorhaben?
„Nein!“
Ich schrie auf, bitte nicht schon wieder.
„Es tut mir leid, ich wollte Dich nicht erschrecken!“
Ich schlug mir an den Kopf und schüttelte meinen Körper durch, so wie ein nasser Hund.
„Bitte glaube mir, ich meine es nur gut. Du fühlst es doch auch, horche in dich rein.“ Also das wollte ich nun wirklich nicht, noch mehr in mich reinhorchen.
Aber das konnte ja nicht sein, oder? War es die gleiche Stimme, wie die von meinem Helfer heute Morgen?
Ich versuchte, die Stimme zu ignorieren und ging weiter den Weg zu Nervenheilanstalt.
„Nein!“
„Lass mich endlich in Ruhe!“
„Nein!“
„Was, „Nein““? fragte ich meine innere Stimme.
„Ich heiße Malek und möchte Dich davon überzeugen, dass Du alles andere als verrückt bist.
„Was willst Du von mir?“
Die Antwort lies ein bisschen auf sich warten, doch dann sagte er:
„Ich möchte Dich kennenlernen, wissen, warum Du mich hören kannst. Du hast Dir das Chaos in Deiner Wohnung übrigens nicht eingebildet, es war wirklich da.“
„Was willst Du damit sagen, wenn es Dich wirklich gibt, warum sehe ich Dich dann nicht? Außerdem schauen die Menschen schon komisch: Eine Frau, die vor einer Irrenanstalt steht und mit sich selbst spricht, wirkt schon etwas, nun ähm, seltsam, oder?“
„Du kannst mich nicht sehen, weil Du es nicht willst, Deine Gefühle sind blockiert oder blockiert worden. Ich weiß es nicht genau aber ich werde es herausfinden und ich weiß auch schon, wo.“ Ja, okay, klar. Meine innere Stimme oder Malek, wie sie sich nannte, wollte noch andere damit reinziehen.
Ich war hin- und hergerissen und überlegte, was meine nächsten Schritte seien könnten.
Zögerlich ging ich die Treppe hoch zur Klinik, wusste aber tief in meinem Inneren, dass ich das Falsche tue.
Auf der Mitte der Treppe blieb ich stehen, die Stimme war nicht mehr zu hören. So richtig verstand ich es nicht, warum ich meine innere Stimme „Malek“ nicht mehr hörte aber ich drehte mich um und ließ mich mit einem Taxi in das Café „Kleo“ fahren, um dort meinen Lieblings Café zu trinken.
Das Café war sehr gut besucht. Kein Wunder, denn die Einrichtung war eine Mischung aus modern und 90er Jahre Style. Die roten Polster der Stühle waren total weich und gemütlich und die weißen Wände wurden entweder mit Schallplatten verziert oder mit riesigem Gemälde, die man auch kaufen konnte. Die Bar war ein durchsichtiger Tresen aus Plexiglas mit wechselndem Licht von Blau auf Lila. Die Kaffeemaschine, die bestimmt sündhaft teuer war, ständig im Einsatz und zischte und brodelte vor sich hin.
Aber am besten waren die riesigen Bücherregale auf der linken und rechten Seite der Wand. Dort wurden jede Woche neue Bücher aufgefüllt und ich kam mit dem Lesen gar nicht mehr nach, es war einfach himmlisch gemütlich dort.
Einer inneren Fügung nach, stand ich auf und fing an zu meinem Lieblingslied zu tanzen. Da ich einen Platz sehr weit hinten gewählt hatte, konnte mich man nicht auf Anhieb sehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich von innen heraus leuchtete und spürte ein zackhaftes Zupfen in meinem Inneren, wie ein kleiner Hilferuf.


© C. Winkelmann


1 Lesern gefällt dieser Text.





Kommentare zu "Die Lichtfee Teil 4"

Re: Die Lichtfee Teil 4

Autor: Van Hottie   Datum: 18.06.2024 10:32 Uhr

Kommentar: Hey C. Winkelmann, deine Geschichte hat mir eine Gänsehaut beschert und war wirklich fesselnd zu lesen. Vielen Dank für das Teilen dieser eindrucksvollen Erzählung! LG Van

Re: Die Lichtfee Teil 4

Autor: CWi   Datum: 18.06.2024 19:04 Uhr

Kommentar: Hey Van, vielen lieben Dank! Habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut!
Liebe Grüße Christina

Kommentar schreiben zu "Die Lichtfee Teil 4"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.