Devil-Daughter: Der maskierte Teufel mit den Zwillingspistolen

© EINsamer wANDERER

»Da wären wir also«, meinte Monty, während seine Augen unruhig im schwarzen Krater hin und her hetzten.
Vor langer Zeit war die Teufelsbestie, für die Monty später der Wirt wurde, hier abgestürzt. Der Krater war einer der wenigen Zeugen, dass diese urgewaltigen Kreaturen überhaupt existierten.
Die Überresten der anderen Bestie waren irgendwo am anderen Ende der Welt, aber sie beherbergten nicht mehr die Essenz, denn die besaß Elsas Vater Brendan.
Später, als aus Monty Skaru geworden war, hatte er hier eine Kirche zu seinen eigenen Ehren gebaut, nichtsahnend dass er nur wie Brendan ein Strohmann für die höheren Mächte war. Für den Geist war dieser Ort ein Denkmal des Schreckens den er durchlebt hatte.
Heute erinnerte nichts mehr an den Kampf dieser Giganten der hier getobt hatte.
Keine Überreste, keine Spuren einer Schlacht. Als hätte es sie nie gegeben.
»Was suchen wir hier?«, fragte Flo.
Wenn ich das nur wüsste, dachte Elsa.
Sie ging ein paar Schritte im Krater. Hier wuchs noch nicht einmal etwas. Dieser Ort schien wirklich verflucht zu sein.
Plötzlich blieb die Kopfgeldjägerin stehen. Hier war etwas. Ihre Füße waren auf einmal seltsam warm. Sie beugte sich nach unten und fasste den Boden noch einmal mit den Fingerspitzen an.
Zischend zog sie die Hand zurück, als hätte sie eben eine heiße Herdplatte angefasst.
Flo machte ein paar Schritte nach vorne. »Ist etwas?«, fragte er besorgt.
»Nichts«, meinte Elsa und wedelte mit der Hand um den brennenden Schmerz etwas zu mildern.
»Mhm. Könnte es sein, dass …?«, fragte sich Monty mit einer nachdenklichen Geste. Der Geist steckte seinen Kopf in den Boden. Nach einem Moment des Schweigens zog er ihn wieder aus dem festen Erdreich, als sei dies das normalste der Welt. »Hey, Leute! Ach ja, stimmt ja, der Kleine kann mich nicht sehen. Elsa! Hier geht es runter!«
Die Kopfgeldjägerin wollte schon etwas erwidern, aber sie konnte sich im letzten Moment noch davon abhalten.
Es war ungewohnt jemanden auf seinen Reisen dabei zu haben der nicht bereits tot war.
Sie ging zu der Stelle an der Monty kniete. Mit dem Lauf vom Vorboten stieß sie gegen den Fels. Und tatsächlich gab das Gestein nach. Elsa musste sich die Hand vors Gesicht halten, da eine heiße Dampffontäne aus dem Loch geschossen kam.
Nachdem der Druck sich abgebaut hatte, vergrößerte Elsa das Loch und legte aus dem Fels gemeißelte Stufe frei. Es schien eine Treppe nach unten zu sein. Sicher war sie aber nicht, denn es gab dort kein Licht. Die Stufen wurden einfach von der Dunkelheit verschluckt.
»Du bleibst hier, Flo. Ich bin bald wieder da.«
»Ich will mitkommen!«, begehrte der kleine Junge auf.
»Nichts da, Kleiner. Das ist viel zu gefährlich. Und auf diesen alten Trick mit den großen traurigen Kulleraugen falle ich nicht herein. Als ich in deinem Alter war, war ich schon eine Meisterin mit diesem Blick. Deiner ist nur so lala«, um ihrer Aussage mehr Gewicht zu verleihen, schwenkte sie mit der Handfläche von links nach rechts.
»Aber …«, warf Flo ein, doch Elsa ließ ihm keine Gelegenheit.
»Du wartest hier jetzt und damit basta!«
Monty nickte weise, als Elsa in die Finsternis hinabstieg. »Du tust das Richtige, Kleine.«
Drinnen war es sehr heiß und schwül. Der Gestank des Bösen hing in der Luft.
Elsa lächelte im Dunkeln.
In Flos Alter hatte sie es auch nicht ertragen können zu sehen, wie andere Leute sich in Gefahr brachten und sie nichts weiter tun konnte als Däumchen zu drehen. Am schwersten war es ihr damals gefallen, als ihr Vater in sein letztes Gefecht zog.
Hoffentlich konnte der Kleine die Füße stillhalten.
Sie und Flo waren sich wirklich sehr ähnlich.
Nicht so wie Elsa und ihre kleine Schwester Lina …

»Was machst du da?«, fragte Lina und beugte sich neugierig vor.
Ihre langen braunen Haare fielen Elsa ins Gesicht und mussten mit einer Handbewegung beiseite geschafft werden.
»Geht dich nichts an«, gab ihre große Schwester unwirsch zurück und drückte eine weitere Patrone in die Trommel.
Mit ihrer ungewöhnlich blassen Hand, die wie der Rest ihrer Haut niemals braun wurde egal wie lange sie in der Sonne war, griff Lina nach dem schwarzen Revolver.
Elsa stieß ihre Schwester mit einer harschen Bewegung von sich.
Beleidigt rannte Lina aus dem Feld hinaus, um wieder einmal zu petzen. »Mama, Elsa tut es schon wieder!«
Das Mädchen fluchte. Sie wollte doch einfach nur in aller Ruhe ihre Zielübungen mit Vaters alten Pistolen machen.
Den berühmten schwarzen Schießeisen mit den blutroten drei Sechsen. Am liebsten hätte Elsa mit beiden Waffen gleichzeitig geübt, aber die Dinger waren ihr viel zu schwer.
Bei Branden hatte das früher immer so leicht ausgesehen, so als wögen sie gar nichts.
»Elsa, was treibst du schon wieder?«, tadelte ihre Mutter sie. »Das ist kein Benehmen für eine junge Dame.«
»Habe ich das gut gemacht?«, fragte die kleine Lina und blickte zu Eleonora auf.
»Alte Petze«, fluchte Elsa in ihren Bart.
Lina streckt demonstrativ ihre Zunge raus und Elsa beherrschte sich, nicht gleich sofort auf sie einzuprügeln.
Allein für das gehässige Funkeln in ihren rehbraunen Augen hätte das Mädchen ihre kleine Schwester erwürgen können.
Manches Mal hatte Elsa den Eindruck, dass ihre Eltern Lina ihr vorzogen, weil sie nicht so eigenwillig und rebellisch war wie ihre ältere Schwester.
»Mein liebes Fräulein, solche Dinger sind keine Spielzeuge. Du könntest dich damit verletzen«, hörte sie ihre Mutter noch heute so manches Mal sagen.


Elsa schreckte hoch, als zwei Pistolen neben ihr aus der Finsternis auftauchten. Sie zielten genau auf ihren Kopf. Gerade noch rechtzeitig konnte sich Devil-Daughter ducken. Hätte die Dunkelheit es zugelassen, hätte sie sehen können, wie ihr vereinzeltes Haar von den Kugeln abgerissen wurde.
Sie hörte wie die Projektille an den Wänden hinter ihr abprallten, von dort an die Decke flogen, nur um dort wieder abzustoßen. Von da ging es auf die gegenüberliegende Wand und dann wieder auf Elsa zu, ohne dass die Geschosse an Geschwindigkeit einbüßten.
Gerade noch rechtzeitig konnte sie zur Seite ausweichen.
Es war wirklich unfair. Niemand konnte in so einer undurchdringlichen Finsternis kämpfen.
Es sei denn, man änderte die Bedingungen.
»Elsa! Nicht!«, schrie Monthy, der ihre Gedanken erraten zu haben schien.
Doch es war bereits zu spät.
In einer blitzschnellen Bewegung zog Devil-Daughter ihre Geheimwaffe und drückte den Abzug.
Kreischend und tobend, wie wilde Bestien schossen die Kugeln an die Decke.
Ohne sichtbare Mühe sprengten sie das Höhlengestein weg.
Trümmer gab es keine. Die beiden Kugeln hatten sie sofort eingeäschert.
Nun war aus dem Fels ein dicker Schlachtennebel geworden. Das fahle Licht des wolkenbehangenen Himmels durchstieß die Dunkelheit und sorgte wieder für faire Verhältnisse.
Nur noch drei Schuss, dachte Elsa.
Auch wenn dies ihre Lieblingswaffe war, so musste sie doch für jeden betätigten Abzug einen hohen Preis zahlen.
Zwei Schuss durfte sie noch sinnlos verschwenden, aber die letzte Kugel trug den Namen einer besonderen Person die es zu töten galt. Einzig für diese Person war die letzte Kugel bestimmt.
»Du Idiotin! Wir hätten dabei draufgehen können! Wobei eigentlich … DU hättest dabei draufgehen können! Ich nicht. Ich bin schließlich schon tot und … äh? Was wollte ich nochmal sagen? Ach ja. Denkst du überhaupt darüber nach, was du tust oder ballerst du nur so aus Spaß durch die Gegend?! Wie kann man nur so bescheuert sein?!«
Der Rauch lichtete sich und Elsa sah nun wer ihr Gegner war.
Bis auf eine schwarze Stoffhose und den in blutigen Leichentüchern gehüllten Kopf mit einem großen aufgemalten Auge im Zentrum war die Gestalt splitterfasernackt. Jede Narbe auf dem braungebrannten Körper war ein Beweis dafür, dass dieser Mann oder dieses Ding wusste, wie man kämpfte. Die sehnigen Muskeln spannten sich unter der rauen Haut.
Elsa erhaschte einen Blick auf die Pistolen. Es waren die ihres Vaters! Aus schwarzem Metall gegossen mit drei roten Sechsen darauf.
»Woher hast du die?!«, knurrte die Kopfgeldjägerin.
Sie wusste, dass ihr Vater sich niemals von seinen beiden Waffen getrennt hätte. Jedenfalls nicht freiwillig.
Am liebsten hätte sie den Vorboten genutzt, um die Gestalt zum Reden zu bringen, aber sie wollte nach dem einen Schuss nicht schon gleich den nächsten verpulvern.
Außerdem hätte er dann nicht mehr erzählen können, wie er in den Besitz der Zwillingspistolen kam.
So musste Elsa wohl oder übel ihre eigenen identischen Revolver ziehen und den Vorboten wieder auf dem Rücken verstauen.
»Ich werde wohl auf die altmodische Art die Scheiße aus dir raus prügeln müssen, um meine Antwort zu bekommen!«
Monty zog sich fluchend zurück. Selbst als Geist war er immer noch ein Feigling.
Den kurzen Augenblick den Elsa damit verbrachte dem Gespenst hinterher zu sehen, nutzte ihr Gegner, um auf sie zu zustürmen und ihr den Kolben mitten ins Gesicht zu schlagen.
Wie kann jemand nur so schnell sein?, fragte sie sich, während die Welt um sie herum einen Purzelbaum schlug.
Doch Zeit zum Verschnaufen hatte sie keine.
Der Maskierte packte sie an der Gurgel, hob sie mit einer Hand hoch und schmetterte sie gegen die schwarze Felswand.
Stark ist er auch noch, ächzte sie innerlich, als der Griff sämtliche Luft abschnürte und ihr Gesicht Purpur anlaufen ließ. Aber ich bin die Tochter des Devil, lächelte sie angestrengt.
Der Angreifer legte nachdenklich den Kopf schief. Scheinbar versuchte er die Geste seines Opfers zu verstehen.
Elsa trat ihrem Peiniger gegen die Brust.
Der Schlag schien keine Reaktion hervorzurufen.
Also jagte sie ihre Stiefelspitze mit geballter Macht gegen das Kinn, welches sie hinter den Bandagen vermutete.
Erschrocken ließ der Gegner sie los und taumelte einen Schritt nach hinten.
Elsa landete auf den Knien und schoss aus der Hocke heraus.
Sie traf den Maskierten mehrfach in der Brust.
Die Wucht der Geschosse ließ ihn weiterzurücktaumeln.
Dann ging er mit unzähligen Kugeln im Leib zu Boden.
Elsa ging auf den Besiegten zu. Sie hatte ihm zwei Magazine in die Brust gejagt. Sein Blut tränkte den Boden.
Er würde niemanden mehr erzählen können, woher er die Zwillingspistolen her hatte.
Langsam beugte sich Elsa vor und schickte sich an den Verband zu entfernen, in der Hoffnung doch noch einen Hinweis über den Verbleib ihres Vaters zu erfahren.
Plötzlich spürte sie das Leben hinter der Maske erwachen. Zur selben Zeit hielt sie inne und spürte den kalten Lauf einer der schwarzen Pistolen an ihrer Schläfe ruhen.
Der Schweiß trat ihr aus allen Poren und hinter der Stirn der Kopfgeldjägerin arbeitete es fieberhaft, wie sie diese Situation zu ihren Gunsten entscheiden konnte.
Die Zeit verstrich quälend langsam.
Keiner wagte es sich zu bewegen.
Elsa versuchte ruhig zu atmen, während der Maskierte wie versteinert auf dem Boden lag.
Warum zögert er?, fragte sie sich. Er könnte mich auf der Stelle umbringen, warum tut er es dann nicht?
Plötzlich und unerwartet trat der Maskierte Devil-Daughter in die Magengrube und stieß sie von sich.
Elsa war immer noch überrascht von der Kraft ihres Gegners, der sie wie einen Mehlsack durch die Gegend schleuderte.
Einige Wirbeln knackten, als sie erneut auf die steinerne Höhlenwand trafen.
Ihr Gegner ging auf sie zu.
Unter seinen nackten Füßen zerknirschten die Steine zu Staub.
Ein Rinnsal Blut lief Elsas Mundwinkel hinab.
Aus einem Reflex heraus versuchte sie auf den scheinbar unbesiegbaren Mann zu schießen, doch das klackende Geräusch ihres Revolvers kündete von einem leeren Magazin.
Fluchend warf Elsa die Waffe nach ihrem Feind, an dem das Wurfobjekt einfach abprallte.
Sie hätte niemals gedacht, dass es einen Kerl geben könnte, der so stark war.
Bisher war sie noch mit allem klar gekommen. Aber mit einem solchen Dämon und den Waffen des Devil konnte sie nicht mithalten.
Bedrohlich ragte der Teufel in Schatten gehüllt über der geschlagenen Kopfgeldjägerin auf und zielte mit den Waffen ihres eigenen Vaters auf sie.
Elsa konnte die Kugeln bereits spüren, wie sie sich gleich in ihr Fleisch graben würden.
»Na los«, meinte die junge Frau trotzig. »Bring es endlich hinter dich.«
Überraschend senkte der Maskierte seine Waffe und zielte auf Elsas Knie.
Mit zusammengebissenen Zähnen wendete sie den Blick ab und schloss zusätzlich die Augen.
Sie spürte nun das kalte Metall durch ihre Hose hindurch.
Nichts geschah.
Sämtliche Gedärme zogen sich aus lauter Furcht in ihr zusammen.
Nun war sie wieder das einsame kleine Mädchen von damals, das von Dämonen verfolgt wurde. Tränen und Angst überrumpelten sie, dabei hatte sie sich doch geschworen, dass es niemals wieder so weit kommen würde.
Ein lauterKnall ertönte.
Dann ein zweiter.
Elsa spürte nichts.
Der Schock verhinderte, dass der Schmerz sie erreichte.
Sie blickte auf ihre Wunden.
Die Zwillingspistolen hatten ihre Kniescheiben sauber durchstoßen. Es würde schmerzhaft werden, aber es würde schnell heilen.
»Elsa! Große Schwester, wo steckst du?!«, brüllte Flo durch die Gänge.
»Nein«, hauchte Elsa.
Der Teufel drehte sich um und wollte der Stimme nach.
»Nein!« Die Kopfgeldjägerin griff mit der Macht der Verzweiflung nach dem Bein des Maskierten.
Er hielt kurz inne und trat ihr ins Gesicht. Ihre Nase knackte und ihr Kopf knallte gegen das Gestein.
Ihr war schwindelig und eine Ohnmacht wollte sie übermannen.
Der Feind ging unterdessen unbeeindruckt weiter.
»Nein«, meinte sie matt.
Schneller als man es von ihrem jämmerlichen Zustand erwartet hätte, schliff sie ihren Körper mit den Armen nach vorne und biss dem Teufel in die Wade.
Plötzlich tauchte Flo auf. »Elsa?« Er sah die Szenerie und wurde kreidebleich.
Renn weg!, brüllte Elsa ihn in Gedanken an.
Der Maskierte schritt auf ihn zu und schleifte Elsa ohne weiteres hinter sich her.
Schließlich hielt er doch inne, um ihr einen erneuten Tritt in die Magengrube zu verpassen und sie gegen die Wand zu schleudern.
Elsa sah gerade noch, wie Flo schreiend mit Tränen in den Augen auf den Maskierten zu rannte und mit seinen kleinen Fäusten auf ihn einhämmerte.
Aber der Maskierte hob den kleinen Flo einfach hoch und schmetterte seinen Kopf mit brutaler Gewalt gegen den Fels.
Sein kleiner Körper erschlaffte.
Blut floss in kleinen Bächen über sein Gesicht.
Es ließ sich nicht sagen, ob er tot oder nur bewusstlos war.
Dann schwanden Elsa die Sinne.
Einzig Monty blieb bei ihr und sprach ihr zu, aufzustehen und zu kämpfen.
Vergebens.

Fortsetzung folgt…


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Beschreibung des Autors zu "Devil-Daughter: Der maskierte Teufel mit den Zwillingspistolen"

Hier ist das zweite Kapitel. Aber nun kommt das Finale!

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