Ich habe noch bis zu den späten Abendnachrichten durchgehalten. Auf dem Weg ins Bad höre ich Klaus schon schnarchen.
Ohne Licht zu machen öffne ich mein Arbeitszimmer, ahne vage hinter dem dunklen Fenster gegenüber den Schatten meines „Verehrers“. Im Stillen nenne ich ihn so. Ein freundlicher gepflegter Herr zwischen 70 und 80, mit dem ich noch nie ein Wort sprach. Schemenhaft dunkle Dreiecke neben seinen Schulter signalisieren: Er hat sein Fernglas parat.
Mein Auftritt. Mit einem Knips erleuchte ich meine Zimmerbühne und bin meines aufmerksamen Zuschauers sicher, und allerhöchstwahrscheinlichhoffentlich auch des einzigen.
Mit dem Rücken zum Fenster steige ich aus meinem Rock, biete freien Blick auf meinen weißbeslipten Hintern, wende mich um, ziehe mein T-Shirt über den Kopf, es achtlos neben dem Rock auf einem Stuhl plazierend. Zögernd und unschlüssig tänzele ich ein wenig im Zimmer umher, scheinbar suchend.
„O.K., volles Programm heute“ beschließe ich, als Klaus’ Schnarchen sogar bis hierher dringt. Zwei drei Schritte aufs Fenster zugehend entlasse ich meine Brüste aus dem BH. Achtung Nachbar: Jetzt mal Profil, jetzt man Rückenansicht, jetzt wieder Brust voll, aber hängend aus der Vorbeuge.
„Wertes Publikum, heute wartet noch eine Überraschung auf Sie“: Eigentlich gedacht als nette Abwechslung für Klaus: Meine Spalte pur, kahl, offensiv. Wie ein Kinderschlitz eigentlich, finde ich, blicke in ein imaginäres „Draußen“, das nur mich spiegelt, den Slip irgendwo um die Knie.
Der Mond ist scharlachrot.
Er rockt sich durch die dunklen Wolken.
Er strahlt wie eine schöne Frau.
Sein Lächeln liegt noch auf dem Morgentau.
Die Sonne küsst ihn zart.
Der Smooth Jazz breitet sich aus
Schwingt sich den Wänden empor
Tanzt an der Decke leichtfüssig
Lacht übers ganze Gesicht
Und meint in unterkühltem Ton
Auch Wolken haben eine [ ... ]