Sturmwarnung. Das war wirklich das letzte, was ich nach an einem langen Tag bei der Arbeit brauchen konnte. Heute waren drei Leichen zur Obduktion eingeliefert worden. Ein junges Mädchen, ein 55-Jähriger und ein alter Mann.
Mein Kollege hatte sich aufgrund der Sturmwarnung bereits vor 2 Stunden auf den Heimweg gemacht. Er musste noch über die Brücke und die sperrten sie bei zu starkem Wind, er wäre sonst gar nicht mehr nach Hause gekommen.

Ich legte meinen Kittel ab und nahm meine Tasche. Im Aufzug pfiff es schon und als ich oben ankam schlug der Regen mit voller Wucht gegen das Fenster. Ich wollte die Tür öffnen, aber der Wind drückte sie zu. Die Dame am Empfang sah mich schmunzelnd an. Ich war vermutlich nicht der Erste, der das versuchte.

"Keine Chance, das ist schon seit über einer Stunde so da draußen. Richtiger Weltuntergang. Ich denke Sie bleiben besser hier", sagte sie.

Sie hatte recht. Ich hatte mich noch nicht um das junge Mädchen gekümmert. Wenn ich also hier gefangen war, konnte ich ja auch weiter arbeiten.

Ich fuhr mit dem Fahrstuhl wieder runter, zog meinen Kittel an und öffnete die Schublade, in welcher ich sie untergebracht hatte. Die Schublade war leer. Ich rief nach meinem Kollegen, bekam aber natürlich keine Antwort. Er war ja nicht da. Aber wer hätte sonst die Leiche wegbewegen sollen?

Ich öffnete eine Schublade nach der anderen. Mich sahen viele Gesichter an, aber nicht ihres. Wo war diese Leiche?

Hinter mir krachte etwas auf den Boden. Ich schrak zusammen und drehte mich danach langsam um. Mir war klar, dass ich dort nicht das Mädchen sehen würde, jedoch lief mir trotzdem ein kalter Schauer den Rücken hinunter, als ich dort eine Silhouette stehen sah.
"Sehr lustig", rief ich ihr entgegen, aber ich bekam keine Antwort. Ich trat ihr entgegen, aber dort war nichts mehr. Auf dem Boden lag ein Metallstück. Es sah aus wie ein Teil der Lampen. Mit einem Mal krachte die Decke runter.

"Ich wusste, dass es nicht das Mädchen war", dachte ich. Dann wurde alles schwarz.


© Menschenblind


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