Ich saß an meinem Fenster und schaute hinaus.
Es donnerte und blitzte, welch ein Graus!
Der Lindenbaum, gestützt von einem einzelnen Brett
sah in der Helle des Blitzes aus wie ein Skelett.

Der dicke Nebel breitete sich immer weiter aus
und das was er verschlang war für ihn ein großer Schmaus.
Die Sonne war schon längst untergegangen
und die Vögel, deren Lieder nicht mehr klangen,
suchten das Weite und flogen fort,
zu einem besseren, schöneren Ort.

Da sah ich ein kleines Mädchen, das unter einer Laterne saß.
Mitten im Gewitter, allein auf der nassen Straß'!
Ein rotes Kleid hatte sie an
und ich hörte, wie sie leise ein Lied vor sich sang.
Sie schaute auf und ihr Lied wurde zu einem Flehen.
Jetzt sah ich ihr ganzes Gesicht:
Weinte, oder weinte sie nicht?

Lange schaute ich sie an
und sah wie eine Träne von ihr rann.
Sie zitterte, ihr war ganz kalt
und da erkannte ich, hinter ihr durch einen kleinen Spalt,
eine große, in schwarz gekleidete Gestalt!

Der Mann kam näher auf das Mädchen zu,
und plötzlich zückte er ein Messer im Nuh.
Doch das Mädchen bekam davon nichts mit.
Sie schaute mich nur an und ich fühlte wie sehr sie litt.

Ich versuchte ihr mit Zeichen zu sagen,
dass es flüchten soll, das arme Kind!
Doch da erkannte ich: Das Kind war blind!
Der Mann entpuppte sich als grauenvoller Mann.
Als er zu mir sah, grinst er mich mordgierig an.

Dann stach er das Messer in des Kindes Rücken und rannte weg.
und das Mädchen fiel in den schmutzigen Dreck!
Schnell zog ich meine Jacke an,
lief ängstlich zu dem Kind und schaute es an.

Etwas dickflüssiges breitete sich aus:
Es war rot!
"Nein!", schrie ich mit Tränen, die in meinen Augen brannten.
"Das arme Mädchen!"
Es war tot.

...und es donnerte und blitze noch tagelang
und ich höre noch immer des Mädchens kläglichen Gesang.


© Anais


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