- I -

Melodie der Birkenbaumfontäne
schon verspricht den nächsten Schneefall.
Rothalsgänse - herbstliche Sirenen
fliegen übers Blaugebirgental.

Blätterfälle drehen sich wie Reigen.
Auf dem Boden tanzt ein buntes Licht.
Habe ich zu dieser Zeit Zuneigung,
finde meiner Seele Gleichgewicht.

Finde endlich die verlorne Freude,
frischen Eindruck eines großen Sinns,
dessen Körnchen oft ich hab vergeudet
in dem grauen Alltagswirbelwind.

- II -

Ich genieß die Farben eine Weile.
Nun auf einmal tönte es so klar.
Sprang ein schnelles Reh in wilder Eile.
Hübsches Tier, bezaubernd wunderbar!

Schimmert hell sein Spiegel zwischen Bäumen.
Und bereift ist winziges Geweih.
Schau ich nach - betrachte kühle Räume,
und ein Zeichen sehe ich dabei.

Und ich seh': auf weißer Birkenrinde
Zweige-Fäden ziehen sich entlang.
Darauf aus gelben Blättern ein Gebinde,
wie die Noten im Akkordenklang.

- III -

Ich entsinne mich - du warst im Weißen.
Ich berührte deine zarte Hand.
Deine Augen dunkel und aufreißend...
Du erzählst ein' Fall aus einem fremden Land:

Gingen zwei im dunklen Regenwalde.
Sie und er - trotz drohendem Verbot.
Wurden sie gejagt von einer Bande.
Beide Seelen fürchteten kein' Tod.

Seit dem sind sie körperlich verschwunden.
Leidenschaftlich atmet Liebesweh...
Es geschah ein zauberhaftes Wunder –
Liebe ward verwandelt in ein Reh.

Ranken sich Lianen - Fühler-Fäden,
klammern sich an steilen Felsenhang.
Schmerzliches Gestöhn um Liebesgnade,
Orchideen sechs. Akkordenklang.

- IV -

Abschiedsschall der Birkenbaumfontäne
schon verspricht den nächsten Schneefall.
Rothalsgänse - herbstliche Sirenen
eilen übers Blaugebirgental.

Wehmut weckt die heimlichen Gefühle.
Unbekanntes regt uns ständig auf.
Spinngewebe schwebt in Morgenkühle.
Wohin läuft der zeitliche Verlauf?

Bioklänge drängen in die Weiten,
bilden seltsam gleiche Partitur.
Werden Harmonien sich ausbreiten
in entgegenkommende Natur.


© Heinrich_Rahn


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