Lebensrettende Verhaftung

Ein Mann einer verfemten Minderheit
ging die Wolga entlang ein Uferstück weit.
Als er ausrutscht und ins Wasser fällt,
ruft er lauthals um Hilfe,
die sich prompt auch eingestellt.

Der Polizeibeamte setzt schon zum Rettungssprung an,
bis er erkennt:
Ein Jude, der Mann.
Solchen Menschen hilft er mitnichten,
weil die vermeintlich nur Unheil anrichten.

Also zieht er seine Uniform wieder an
und bedeutet dem wasserspuckenden Mann,
er möge verdammt krepieren
und in der Wolga elendig erfrieren.

Da brüllt der verratene Tropf in seiner Not,
er wünsche dem Polizeipräfekten den Tod.
Und alle Staatsbeamten wären kriminell.

Jetzt reagiert
der Ordnungshüter aber rasend schnell,
den Übeltäter im Wasser noch festzunehmen,
ihn frisch verhaftet
zum Protokoll auf die Wache zu nehmen.

Überglücklich
lässt sich der erschöpfte Mann
nicht lange bitten,
hätte er doch fast den Wassertod erlitten.


© Wolfgang Karwatzki


2 Lesern gefällt dieser Text.

Unregistrierter Besucher
Unregistrierter Besucher


Beschreibung des Autors zu "Lebensrettende Verhaftung"

Die Episode ist aufbereitet nach einer jüdischen Erzählung.

Ihre moralische Quintessenz liegt auf der Hand.
Mancher Mensch und sein Leben sind oftmals nichts wert,
es sei denn als Täter, der den Rechtsfrieden stört.

Diesen Text als PDF downloaden




Kommentare zu "Lebensrettende Verhaftung"

Es sind noch keine Kommentare vorhanden

Kommentar schreiben zu "Lebensrettende Verhaftung"

Möchten Sie dem Autor einen Kommentar hinterlassen? Dann Loggen Sie sich ein oder Registrieren Sie sich in unserem Netzwerk.