Ich sitz' am Fenster – abgestellt, in mich versunken, alt und weise!
Du siehst nur Hörgerät, schlecht sitzendes Gebiss und mich als Greise.
Ich bin lebendig noch! Vergnügt sogar – ich reise!
Meine Erinnerungen tragen mich weit fort, ganz sacht und leise.
Ich lache, liebe, küsse und kann träumen.
Ich bin nicht hier - ich bin weit fort in anderen Räumen ...
Du glaubst ich sei verwirrt, weil ich viel schweige?
Hab' all die Worte schon verbraucht, sie gingen zur Neige.
Du siehst mich an – in deinem Blick ist Mitleid und ein stilles Bangen.
Glaubst abgeschoben mich, vergessen und sogar gefangen.
Dies Schicksal, hier zu sein scheint dir unsäglich schwer.
Doch ich bin frei – in mir – das andere stört nicht mehr.
Ich hab' gelebt! Ich bin nun satt, bin müd' und möchte einfach treiben.
Es hält mich nichts zurück – ich bin allein und muss nicht länger bleiben.
Bewältigt hab' ich sie, die Aufgaben des Lebens -
mal gut, mal schlecht und manches schien vergebens.
Ich brauch' kein Morgen, ich hab' Gestern und das reichlich!
Das Ende naht – es ist kein Feind - nur unausweichlich.
Drum lass' mich hier am Fenster sitzen mit gesenktem Blick.
Ich schlafe nicht! Ich reise tief in mir - und nenn' es “Glück“.
Jedesmal, wenn ich Verwandte im Altenheim besuche, gehe ich vorbei an zahlreichen Senioren, die in ihren Rollstühlen vor die Fenster geschoben wurden. Die wenigsten schauen hinaus. Sie scheinen vor sich hin zu "dämmern". Ich frage mich oft, was in ihnen vorgeht. Schön wäre es, wenn meine Gedanken dazu, die ich in diesem Gedicht festgehalten habe, bei dem einen oder anderen dieser Menschen der Wahrheit entsprächen ...
Kommentar:Viel 'was anderes bleibt ihnen ja auch nicht übrig, in einer solchen Situation. Aber Du hast recht, vielleicht sind sie ja wirklich froh, diese "Reisen" ungestört unternehmen zu können...
noé
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